Psychotherapeuten üben Kritik am Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)

Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll dazu beitragen, dass Patienten schneller einen Arzttermin bekommen. Psychotherapeutenverbände kritisieren das Gesetz jedoch scharf. – Foto: ©bernardbodo - stock.adobe.com
Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll dazu beitragen, dass Patienten schneller einen Termin bei einem Arzt bekommen. Dazu sollen unter anderem die Aufgaben der Terminservicestellen erweitert und Ärzte verpflichtet werden, mehr Sprechstunden anzubieten. Auch soll die Höchstgrenze für die Zulassung von Arztgruppen, bei denen besonders große Versorgungs- und Terminschwierigkeiten bestehen, so lange aufgehoben werden, bis der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Bedarfsplanung reformiert hat. Das gilt unter anderem für Psychiater, nicht aber für Psychotherapeuten, wie unter anderem die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) moniert. Gleichzeitig kritisieren Psychotherapeutenverbände, dass mit der geplanten „gestuften und gesteuerten Versorgung“ für Betroffene neue Hürden in der psychotherapeutischen Behandlung geschaffen werden.
Mehr Plätze für Psychotherapeuten gefordert
Die Pläne für das neue TSVG wurden auf dem 33. Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) am 17. November 2018 in Berlin scharf kritisiert. Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), bedauerte im Bericht des Vorstandes, dass in einem Gesetz, dessen Ziele schnellere Termine und eine bessere Versorgung seien, bisher kein Schritt unternommen werde, auch die Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung zu verringern – obwohl diese besonders lang seien. So warteten Patienten außerhalb großstädtischer Zentren durchschnittlich fünf bis sieben Monate auf den Beginn einer psychotherapeutischen Behandlung. Ursache dafür sei die geringere Versorgungsdichte im Vergleich zu den Ballungszentren. Dabei seien Menschen in diesen Regionen nicht seltener psychisch krank.
Munz forderte ein Sofortprogramm, durch das die psychotherapeutische Versorgungsdichte in den Regionen außerhalb großstädtischer Zentren so angehoben werde, dass sie der durchschnittlichen Versorgungsdichte im fachärztlichen Bereich entspreche. Dadurch könnten sich kurzfristig zusätzlich rund 1.500 Psychotherapeuten dort niederlassen, wo sie am dringendsten benötigt würden. Danach komme es darauf an, dass der G-BA mit seiner Reform der Bedarfsplanung die Fehler der Vergangenheit korrigiere und ein Konzept entwickle, das sich an der Bevölkerungsstruktur orientiere.
„Gesteuerte Versorgung“ schafft neue bürokratische Hürden
Scharf kritisierte der BPtK-Präsident zudem die Pläne einer „gestuften und gesteuerten Versorgung“ in der psychotherapeutischen Behandlung. Darin ist vorgesehen, dass ein Gutachter zuvor bewertet, welches Therapieangebot angemessen ist. Dies diskriminiere psychisch kranke Menschen und verzögere die schnelle Behandlungsaufnahme, so die Kritik. Mehrere Psychotherapeutenverbände erklärten, es sei Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht zuzumuten, eine zusätzliche Prüfung ihres Behandlungsbedarfs nicht durch ihren Behandler, sondern durch eine Steuerung von außen vornehmen zu lassen. Mittlerweile haben die Verbände auch eine Petition im Bundestag gegen die Planungen gestartet.
Munz erläuterte auf dem DPT zudem, dass mit der Reform der Psychotherapie-Richtlinie zum April 2017 schon einige Verbesserungen erzielt worden seien und bereits eine„gesteuerte Versorgung“ vorliege. Mit der damaligen Einführung einer Psychotherapeutischen Sprechstunde, die jeder Therapeut anbieten müsse, könnten Patienten innerhalb von 5,7 Wochen einen ersten Termin bei einem Psychotherapeuten erhalten. Patienten erführen also mittlerweile vergleichsweise schnell und ohne bürokratische Hürden, ob sie psychisch krank seien und wenn ja, welche Art von Behandlung für sie indiziert wäre. Sei die Behandlung dringend, könne der Patient sogar eine Akutbehandlung innerhalb von drei Wochen beginnen. Eine erneute Reform der Psychotherapie-Richtlinie, die für die Patienten nur zusätzliche Hürden und Schwierigkeiten aufbaue, sei unnötig.
Wartezeiten auf Psychotherapieplatz verringern
Das eigentliche Problem sei hingegen die mangelhafte Bedarfsplanung und damit die langen Wartezeiten auf den Beginn einer Richtlinienpsychotherapie, so Munz. Aufgabe der Politik sei es, endlich dafür zu sorgen, dass die durchschnittliche Wartezeit auf den Beginn einer psychotherapeutischen Behandlung verringert werde.
Zudem wies der der Deutsche Psychotherapeutentag die Unterstellung im TSVG ausdrücklich zurück, dass Psychotherapeuten die falschen Patienten, die keine psychotherapeutische Behandlung benötigten, behandelten. Betont wurde auch, dass der Bundesgesundheitsminister hier versuche, Priorisierung, Rationierung und Selektion in der psychotherapeutischen Versorgung zu legitimieren. Die Resolution, „Diskriminierung von psychisch kranken Menschen durch TSVG verhindern“, wurde vom 33. DPT einstimmig beschlossen.
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