Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Luftschadstoffe: Wie gefährlich sind sie für die Gesundheit?

Sonntag, 17. Februar 2019 – Autor: Anne Volkmann
Die Diskussion um die Auswirkungen von Luftschadstoffen auf die Gesundheit geht weiter. Ein internationales Forscherteam hat nun den aktuellen Forschungsstand in einer Expertise dargestellt. Die Wissenschaftler warnen ausdrücklich vor den Folgen durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und Co.
Luftschadstoffe, Feinstaub, Stickoxid, Ozon

Welche Rollen spielen Luftschadstoffe für die Gesundheit? Diese Frage wird zurzeit in Deutschland hitzig diskutiert – Foto: ©nmann77 - stock.adobe.com

In Deutschland gibt es eine rege Diskussion um Luftschadstoffe und deren Grenzwerte. Gerade erst musste die Gruppe von Lungenärzten um Professor Dieter Köhler, die Kritik an den Grenzwerten für Stickoxid und Feinstaub ausgelöst hatten, einräumen, dass ihr Berechnungen zum Teil auf fehlerhaftem Zahlenmaterial beruhten. Zuvor hatte ein internationales Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Professor Annette Peters vom Helmholtz Zentrum München und Professor Barbara Hoffmann von der Universität Düsseldorf eine Expertise zu den Auswirkungen von Luftschadstoffen auf die Gesundheit verfasst und ausdrücklich vor den Gefahren der Luftverschmutzung gewarnt. Die Expertise wurde auch von der Internationalen Gesellschaft für Umweltepidemiologie und der European Respiratory Society unterstützt. Das Fazit der Wissenschaftler: „Die Luftschadstoffe Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxid gefährden die Gesundheit in Deutschland. Die Wirkungen beginnen in den Lungen, haben aber Auswirkungen auf den gesamten Körper.“

Luftschadstoffe lösen gefährliche Entzündungsreaktionen aus

Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxid sind laut Aussage der Experten die Luftschadstoffe, welche die Gesundheit am meisten gefährden. Sie führen zu oxidativem Stress und lösen Entzündungsreaktionen im ganzen Körper aus. Dabei schaden sie insbesondere der Lunge, aber auch dem Herz-Kreislauf-System und anderen Organen.

Dass Feinstaub Lungenkrebs und Herzkreislauf-Erkrankungen auslösen könne, gelte inzwischen als „kausal gesichert“, betonen die Experten. Das bedeutet, dass es ausreichend Studien gibt, um einen kausalen Zusammenhang zu belegen und zufällige Zusammenhänge oder Verzerrungen durch andere Faktoren auszuschließen. Auch die krebserzeugende Wirkung von Feinstaub lässt sich demnach durch die vorhandene Studienlage belegen. Auch wird inzwischen vermutet, dass es Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes im Mutterleib sowie auf die Lungen- und Gehirnentwicklung bei Kindern gibt, ebenso auf Erkrankungen wie Diabetes und Demenz.

Immer mehr Studien zeigen Schädlichkeit von Stickstoffdioxid

Auch die Schädlichkeit von Stickstoffdioxid gilt als belegt. Studien beweisen, dass Stickstoffdioxid zur Verschlechterung der Gesundheit bei Asthmatikern führen kann. Als „wahrscheinlich kausal“ wird die Verbindung zum Auftreten von Atemwegserkrankungen eingestuft. Neuere Studien weisen zudem auf einen Zusammenhang für Herzkreislauf-Erkrankungen und Diabetes hin.

Ebenfalls gefährlich für die Gesundheit ist Ozon. Der Expertise zufolge führt es „kurzfristig zu einer erhöhten Sterblichkeit aufgrund Atemwegskrankheiten, zu mehr atemwegsbedingten Notfallkonsultationen und Krankenhauseintritten", was als kausal bewertet wurde. Die langfristige Belastung mit Ozon zeige ebenfalls Zusammenhänge mit einer Zunahme der atemwegsbedingten Sterblichkeit sowie einer Zunahme von Asthmafällen. Hier wird von einer „wahrscheinlichen Kausalität“ ausgegangen.

Aktuelle Grenzwerte nicht ausreichend

Die Wissenschaftler betonen, dass die von der WHO empfohlenen Grenzwerte in „Deutschland an vielen Stellen überschritten“ werden: „Gesichert ist, dass sich dadurch die Lebenszeit verkürzt und Lungenerkrankungen und Herzkreislauferkrankungen ausgelöst werden.“ Zudem dokumentieren neuere Studien Auswirkungen unterhalb der gegenwärtig geltenden Grenzwerte. Insbesondere der Grenzwert der Europäischen Union für Feinstaub kleiner als 2,5 µm sollte zum Schutz der Gesundheit deutlich abgesenkt werden und mit den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation in Einklang gebracht werden.

Trotz der vielfältigen Belege für eine gesundheitsschädliche Wirkung von Umweltverschmutzung werden diese immer wieder in Frage gestellt, wie beispielsweise in dem Positionspapier der Lungenärzte um Professor Köhler. Die Autoren der neuen Expertise betonen daher, dass die Zahlen auf wissenschaftlichen Fakten beruhen. Dabei werden vor allem große epidemiologische Studien herangezogen, um die langfristigen Auswirkungen von Luftschadstoffen auf die Gesundheit abzuschätzen. Hinzu kommen Experimente an Zellen, Tierversuche sowie kontrollierte Expositionen von Freiwilligen. Die Experten weisen auch darauf hin, dass qualitativ hochwertige epidemiologische Studien immer auch andere Risikofaktoren berücksichtigen und eine Beeinflussung der Ergebnisse durch diese Faktoren ausschließen.

Forscher widerlegen Einwände

Die Forscher gehen in ihrer Expertise auch auf häufig geäußerte Diskussionspunkte ein, beispielsweise zu der Behauptung, es gäbe „keine Toten durch Feinstaub oder Stickoxide“. Dies sei nur in gewisser Weise richtig, so die Autoren, nämlich dann, wenn man auch behauptet, es gäbe „keine Toten durch das Rauchen“.

Natürlich könnten die Erkrankungen bei einem einzelnen Patienten nie direkt auf eine einzelne bestimmte Ursache zurückgeführt werden. „Dennoch wissen wir, dass Rauchen genau wie Luftverschmutzung auf lange Sicht schädlich ist und beispielsweise zu Atemwegs- oder Herz-Kreislauferkrankungen führen kann, woran Menschen sterben können“, so die Experten. Zu erkennen seien diese Zusammenhänge eben nur in Langzeitstudien und nicht an einem einzelnen Patienten oder Todesfall. „Auf Bevölkerungsebene kann man diese Zusammenhänge als eine Verkürzung der Lebenserwartung beziehungsweise verlorene Lebenszeit durch Luftschadstoffe abbilden.“

Foto: © nmann77 - Fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Atemwegserkrankungen , Luftverschmutzung , Lungenerkrankungen , Asthma

Weitere Nachrichten zum Thema Luftverschmutzung

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin