Joggen an befahreren Straßen kann aufs Herz gehen
Luftverschmutzung ist nicht nur für die Entstehung und Verschlechterung von Atemwegserkrankungen verantwortlich. Sie beschleunigt auch die Schädigung der Gefäßinnenhaut der Herzkranzgefäße und der Gefäße an Kopf und Hals.
Mit der Einatmungsluft gelangen gasförmige Stoffe und kleine Partikel über die Atemwege (Bronchien) bis in die Lungenbläschen (Alveolen). Diese Fremdgase und Fremdstoffe führen in den unteren Atemwegen wegen der Aktivierung der dort ansässigen Fresszellen (Phagozyten) zu einer Entzündungsreaktion. Im weiteren Verlauf greift diese Entzündung von den Bronchien auf das gesamte Lungengewebe über, später auf den ganzen Körper bis hin zur Arteriosklerose (Gefäßverhärtung) in allen Gefäßregionen des Organismus.
Joggen an befahrenen Straßen kann aufs Herz gehen
„Dadurch kommt es zum vorzeitigen Ausbruch der wichtigsten Erkrankungen in diesen Gefäßregionen: koronare Herzkrankheit und Schlaganfall“, warnt Prof. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
Wer in einer Stadt mit viel Autoverkehr joggen gehen oder Rad fahren möchte, sollte nicht entlang intensiv befahrener Straßen laufen, sondern eher in Parks oder im Grüngürtel, wo man weniger verschmutzte Luft einatme, rät der Kardiologe in dem von der Herzstiftung herausgegebenen Band „Psychischer und sozialer Stress“.
Diesel erhöht Verklumpungsneigung der Blutplättchen
Bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) kann auch ein nur kurzfristiger Kontakt mit stark verschmutzter Luft das Herz-Risiko Herz erhöhen. „Dieseltreibstoff aktiviert die Blutplättchen und erhöht so deren Neigung zu verklumpen, was die Entstehung eines Herzinfarkts befördert“, betont Prof. Meinertz.
Kommt es kurzfristig zu einem starken Anstieg der gasförmigen und Partikel-Bestandteile in der Luft, „erhöht sich bei Herzschwächepatienten das Risiko, einen Krankenhausaufenthalt notwendig zu machen oder zu sterben.“ Besonderes ältere Patienten mit Herz- und Lungenerkrankungen sollten sich bei hoher Luftverschmutzung wenig im Freien aufhalten.
EU beschließt schärfere Grenzwerte für Luftschadstoffe
Die Politik habe das Problem der Luftverschmutzung sträflich vernachlässigt, so der Mediziner. Zum Beispiel in Stuttgart im Sommer 2016, wo bei hoher Smogbelastung nur eine Empfehlung ausgegeben wurde, das Auto stehen zu lassen, statt ein Fahrverbot zu erlassen. Die derzeitigen EU-Grenzwerte für Luftschadstoffe sind ohnehin doppelt so hoch wie die Grenzwerte, die die WHO-Leitlinien für Luftqualität vorsehen.
Das EU-Parlament hat nun beschlossen, die Grenzwerte für Luftschadstoffe zu verschärfen. Das betrifft Feinstaub und Stickoxide (Diesel), Schwefeloxid (Heizungen, Kraftwerke), flüchtige organische Verbindungen (Industrie) und Ammoniak (Dünger). Die Einführung der neuen Grenzwerte wird sich aber noch über Jahre hinziehen, sie sollen nach und nach ab 2020 eingeführt werden und ab 2030 endgültig greifen.
Paris, Madrid und Athen verbieten ab 2025 Diesel-Autos
Damit wird beispielsweise im Jahr 2030 in Deutschland die Belastung an Feinstaub um 43 Prozent geringer und die Belastung mit Stickoxid um 65 Prozent geringer ausfallen als 2005. Einige Kommunen schaffen da lieber gleich vollendete Tatsachen: Mexiko-City, Paris, Madrid und Athen verbieten ab 2025 Diesel-Autos im Stadtbereich.
Über Luftverschmutzung und weitere Formen von Umwelt-Stress (Arbeitsbelastung, Lärm), die schädigend auf das Herz-Kreislauf-System wirken können, informieren Herzspezialisten und ein Psychokardiologe in dem kostenlos bei der Herzstiftung erhältlichen Ratgeber „Psychischer und sozialer Stress“. Sie liefern zugleich Tipps zum Umgang damit.
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