MS-Symptome können sich bei Hitze verstärken
Habe ich jetzt einen Schub? Das fragen sich zurzeit sicher viele MS-Patienten, weil sich ihre Symptome wie Sehbeschwerden, motorische Einschränkungen oder Fatigue verstärken. Doch es kann auch einen anderen Grund haben als einen echten Schub: Bei vielen MS-Betroffenen verstärken sich ihre Beschwerden bei großer Wärme. „Das hängt mit den Folgen der Multiplen Sklerose als entzündliche Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks zusammen“, erklärt Professor Tjalf Ziemssen, Direktor am Multiple Sklerose Zentrum. „Dort bilden sich nach Abheilen der aufgetretenen Entzündungsherde Narben im Bereich der Nervenfasern, die bei Erhöhung der Körpertemperatur schlechter die Informationen weiterleiten können und somit zum Wiederauftreten von Beschwerden führen können.“
Das führt dazu, dass einige Patienten mit Multipler Sklerose auf Hitze mit einer deutlichen Verstärkung schon vorhandener Beschwerden reagieren, was aber kein Krankheitsschub im eigentlichen Sinne ist, sondern ein sogenannter Pseudoschub. Bezeichnet wird diese Erscheinung als Uhthoff-Phänomen, weil es zum ersten Mal von dem deutschen Augenarzt Wilhelm Uhthoff (1853-1927) beschrieben wurde. Während Sonnenlicht sich Studien zufolge durchaus positiv auf MS-Patienten auswirken kann, ist große Hitze also für viele eher nachteilig.
Nicht jeder MS-Patient ist betroffen
Auf das Phänomen weisen jetzt Experten aus dem Multiple Sklerose Zentrum am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus hin. Das MS-Zentrum hat sich speziell der Hitzeempfindlichkeit der MS-Patienten angenommen. Sowohl der Infusionsraum als auch Wartezimmer und Anmeldung sind seit diesem Jahr klimatisiert, so dass die Patienten in angenehmer Atmosphäre bei Temperaturen von 20 Grad auf ihre Behandlung warten können bzw. diese erhalten. Gerade der ganzheitliche Ansatz, der auch solche hitzebedingten Beschwerden einschließt, ist dem Team des MS-Zentrums Dresden um Professor Ziemssen besonders wichtig.
„Leider gibt es im Bereich der Multiplen Sklerose immer noch viele Mythen und Gerüchte, die den Patienten einschränken“, so Ziemssen. „So wird zum Beispiel berichtet, dass MS-Patienten aufgrund der Hitzeempfindlichkeit nicht in die Sauna gehen können.“ Dies sei als allgemeiner Grundsatz nicht richtig, da viele Patienten von der Sauna profitieren, so Ziemssen. Auch ist zu beachten, dass durchaus nicht jeder MS-Patient unter einer Verschlechterung seiner Symptome bei Hitze leidet. Genau dies wurde lange Zeit aber angenommen, und so gab es vor mehreren Jahrzehnten noch den sogenannten Heißbadtest, um die Diagnose MS zu bestätigen. Dieser Test wird jedoch schon lange nicht mehr durchgeführt, unter anderem aufgrund der starken Nebenwirkungen, aber vor allem auch, weil es mittlerweile andere, weitaus bessere Diagnosemöglichkeiten gibt.
Kühlkleidung kann helfen
Um dem Uhthoff-Phänomen vorzubeugen, empfiehlt es sich, starke körperliche Anstrengungen und andere Umstände, welche die Körpertemperatur erhöhen können, zu vermeiden. Die Beschwerden können auch durch das Tragen von Kühlkleidung, wie Kühlwesten, Kühlhauben und Kühlstrümpfen begrenzt werden. Eine Alternative ist eine Schüssel mit kaltem Wasser, in die Füße und Arme getaucht werden können. Wichtig ist auch für MS-Patienten, dass sie möglichst viel trinken – am besten Wasser –, um einem Flüssigkeitsverlust vorzubeugen, der zusätzlich die Beschwerden verschlimmern kann.
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