Binge Eating: Neuer Therapieansatz gegen Essanfälle
Die Binge Eating-Störung ist eine Essstörung, die erst seit einigen Jahren offiziell als Erkrankung anerkannt ist. Betroffene leiden unter regelmäßigen Essanfällen und in der Folge häufig unter Übergewicht und Adipositas. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die weltweite Zunahme der Adipositasprävalenz als eines der vordringlichen Gesundheitsprobleme identifiziert. Nun konnten Forscher Erfolge eines neuen Therapieansatzes, das ein Expositionstraining enthält, nachweisen. Die Vergleichsstudie IMPULS, die in der Fachzeitschrift „Psychotherapy and Psychosomatics“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass das Training auch drei Monate später noch zur besseren Selbstkontrolle in Bezug auf die Essanfälle führt.
Patienten werden mit ihrem Verlangen nach Essen konfrontiert
In der Therapiestudie unter Leitung von Dr. Kathrin Schag von der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Tübingen wurden Patienten mit Binge Eating-Störung behandelt. In acht 90-minütigen Sitzungen wurde zum einen ihre Selbstkontrollfähigkeiten gestärkt, zum anderen übten die Studienteilnehmer in sogenannten Expositionssitzungen, sich besonders schmackhafte Nahrungsmittel vorzusetzen, gleichzeitig aber dem Drang zu essen zu wiederstehen.
Dabei durften die Teilnehmer die Nahrungsmittel und Gerichte mitbringen, die bei ihnen am ehesten Essanfälle auslösen. Unter psychologischer Anleitung konfrontierten sich die Teilnehmer mit dem Verlangen zu essen und lernten, dieses zu beherrschen. Diese Erfahrung, das Essverhalten steuern zu können und zu erleben, wie sich das Verlangen während der Gruppensitzung verminderte, führte nach Angaben der Studienautoren zu einem Erfolgserlebnis und der Erkenntnis „Ich kann das“.
Reduzierung der Essanfälle erfolgreich
Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, in der die Studienteilnehmer nicht an dem speziellen Gruppenprogramm teilnahmen, zeigte sich, dass zunächst beide Gruppen ihre Essanfälle und weitere Essstörungssymptome reduzieren konnten. Allerdings hielt der Erfolg in der Behandlungsgruppe über drei Monate an und verstärkte sich weiter, während die Kontrollgruppe bezüglich der Essanfälle wieder auf das Ausgangsniveau zurückging.
Die vorläufige Verbesserung in der Kontrollgruppe wurde dahingehend interpretiert, dass das wöchentliche Ausfüllen von Selbstbeobachtungsprotokollen, ein klassisch verhaltenstherapeutisches Instrument, zu einer erhöhten Selbstachtsamkeit führte, die nach der Behandlungszeit allerdings schnell wieder zurückging. Die Forscher hoffen, mit ihrer Studie einen wichtigen Ansatz für die Behandlung von Essstörungen und Adipositas gefunden zu haben.
Foto: © lassedesignen - Fotolia.com