Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Online-Therapie hilft bei Binge-Eating-Störung

Samstag, 26. August 2017 – Autor: anvo
Ein Internet-basiertes, angeleitetes Selbsthilfeprogramm kann Menschen mit Binge-Eating-Störung helfen. Das haben Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universität Leipzig herausgefunden. Für Betroffene ergibt sich daraus ein niedrigschwelliges und wirksames Angebot.
Hilfe gegen Binge Eating

Beim Binge Eating verschlingen Betroffene anfallsartig riesige Mengen an Essen – Foto: ©happy_lark - stock.adobe.com

Menschen, die unter Binge Eating leiden, verschlingen immer wieder riesige Mengen an Essen, ohne sich danach wie diejenigen, die unter Bulimie leiden, zu übergehen. Die Betroffenen empfinden bei ihren Anfällen einen völligen Kontrollverlust, ein Sättigungsgefühl verspüren sie nicht oder viel zu spät. Durch die Aufnahme der großen Mengen an Kalorien ist die Störung fast immer mit einer starken Gewichtszunahme verbunden. Zudem verspüren die Betroffenen einen hohen Leidensdruck.

Dass eine kognitive Verhaltenstherapie bei der Binge-Eating-Störung wirksam ist, konnte bereits in Untersuchungen belegt werden. Nun hat ein Forscherteam um Professor Martina de Zwaan, Direktorin der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), und Professor Anja Hilbert von der Universität Leipzig herausgefunden, dass auch ein verhaltenstherapeutisches Online-Selbsthilfeprogramm gut gegen die Essstörung hilft. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift JAMA Psychiatry.

Essanfälle werden durch negative Gefühle ausgelöst

„Die Essanfälle werden meist durch negative Gefühle ausgelöst, die während des Essens unterbrochen werden“, erklärt Professor de Zwaan die Binge-Eating-Störung. „Mit Hilfe einer kognitiven Verhaltenstherapie lernen die Betroffenen, ihr Essverhalten zu normalisieren, weitere Gewichtszunahmen zu verhindern und mit ihren psychischen Problemen anders als durch Essen umzugehen.“ Die Forscherinnen wollten nun herausfinden, ob auch ein Online-Selbsthilfeprogramm, das ebenfalls auf der kognitiven Verhaltenstherapie beruht, wirksam ist.

Das Programm kann schnell begonnen und unabhängig von Ort und Zeit durchgeführt werden, beschreibt de Zwaan die Vorteile der Online-Therapie. „Darüber hinaus haben viele Patienten weniger Hemmungen, ein solches Programm durchzuarbeiten als zu therapeutischen Sitzungen zu gehen.“ Völlig anonym ist das Programm jedoch nicht. Vielmehr gibt es ein persönliches erstes Gespräch sowie regelmäßigen E-Mail-Kontakte zwischen Patient und Behandler.

Online-Therapie zeigt gute Wirksamkeit

An der aktuellen Studie nahmen sieben deutsche Zentren mit insgesamt rund 180 Patientinnen und Patienten teil. Die Behandlung umfasste 20 wöchentliche Kontakte zu Therapeuten über vier Monate. Die Hälfte der Teilnehmenden hatte verhaltenstherapeutische Einzelsitzungen mit Therapeuten, die andere Hälfte nahm an dem Online-Programm teil. Das Ergebnis: Bei allen Teilnehmern verringerten sich die Essanfälle deutlich. Auch weitere Schwierigkeiten wie beispielsweise depressive Verstimmungen, Ängstlichkeit und die Sorge um das Gewicht nahmen ab.

Eine Verhaltenstherapie, bei der sich Patient und Therapeut gegenübersitzen, wirkte in der Studie allerdings schneller. Direkt nach der Behandlung und sechs Monate später hatten Patienten, die daran teilnahmen, deutlich weniger Essanfälle als die anderen. Doch nach 18 Monaten hatten sich die Effekte angeglichen. Insgesamt hatten sich bei allen die Essanfälle verringert. „Diese nicht-anonyme Internet-basierte Therapie stellt somit eine gute Alternative dar. Sie kann auch genutzt werden, um die Zeit bis zum Beginn einer persönlichen Therapie zu überbrücken. Deshalb sollte sie ins Gesundheitssystem integriert werden“, so Professor de Zwaan. Allerdings müsse beachtet werden, dass Suizidalität und andere schwere psychische Leiden, die auch bei Personen mit Binge Eating vorkommen, in persönlichen Gesprächen besser behandelt werden können.

Foto: © happy_lark - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Psychiatrie , Psychische Krankheiten , Essstörungen , Magersucht , Telemedizin

Weitere Nachrichten zum Thema Essstörung

19.02.2017

Binge Eating ist sehr verbreitet, dennoch kennen viele Menschen diese Essstörung nicht. Nach und nach wird die Störung, bei der Menschen in kurzer Zeit extrem große Mengen an Essen zu sich nehmen, jedoch als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin