Sehhilfen: Kassenleistungen werden ausgeweitet – ein wenig

Die Kosten für Sehhilfen werden nur in Ausnahmefällen erstattet – Foto: ©SENTELLO - stock.adobe.com
Die Versorgung mit Brillen und Kontaktlinsen als GKV-Leistung ist vom Gesetzgeber seit 2004 nur noch auf Kinder, auf die Versorgung mit therapeutischen Sehhilfen und auf wenige, insbesondere medizinisch geprägte Ausnahmen beschränkt. Nun wurde die Gruppe erwachsener Patienten, für die Sehhilfen wie Brillen und Kontaktlinsen als Kassenleistung zur Verfügung stehen, geringfügig ausgeweitet. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat mit einem Beschluss eine Gesetzesänderung aus dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz in § 12 seiner Hilfsmittel-Richtlinie nachvollzogen. Der Beschluss liegt dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vor und tritt erst nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
GKV-Leistung für sehr starke Sehbeeinträchtigungen
Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besitzen nur ausnahmsweise einen Anspruch auf Kostenerstattung für Sehhilfen. Mit dem neuen Gesetz sind nun unter anderem auch Erwachsene anspruchsberechtigt, die auf mindestens einem Auge aufgrund einer Myopie (Kurzsichtigkeit) oder einer Hyperopie (Weitsichtigkeit) eine Sehstärke von mindestens 6,25 Dioptrien oder bei einem Astigmatismus von mindestens 4,25 Dioptrien aufweisen.
Eine Kurzsichtigkeit von über 6,0 Dioptrien wird definitionsgemäß als pathologische Myopie bezeichnet. Sehschwächen dieser Stärke liegen nur bei wenigen Erwachsenen vor. Sie gehen häufig mit Augenkrankheiten einher. So ist zum Beispiel das Risiko für Netzhautablösung, zentrale Retinoschisis oder chorioidale Neovaskularisation (CNV) durch die gedehnte Netzhaut deutlich erhöht. Bei einer CNV muss möglichst früh mit VEGF-Hemmern behandelt werden; bei einer Netzhautablösung muss operiert werden, um irreversible Sehschäden zu verhindern.
Augenerkrankungen oft nicht erkannt
Ein Problem ist jedoch, dass Patienten aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung mit der stärker werdenden Kurzsichtigkeit beim Auftreten einer neuen mit der hohen Myopie assoziierten Augenkrankheit meist fälschlich davon ausgehen, dass nur eine stärkere Brille erforderlich sei. Diese bessert dann zum Teil tatsächlich zunächst das Sehen, während die Krankheit jedoch fortschreitet und irreversible Schäden verursacht. Die mit der augenärztlichen Verordnung verbundene morphologische Befundung und Therapieentscheidung kann dann unter Umständen einen Dauerschaden verhindern.
Bei einer pathologischen Myopie ist auch das Glaukomrisiko etwa um das Dreifache erhöht, wobei zusätzlich die Diagnosestellung schwieriger als bei Personen mit nur leichten Sehfehlern ist. Die Betroffenen bemerken das Glaukom erst viel zu spät, wenn schon schwere und irreversible Gesichtsfeldausfälle vorliegen. Auch Weitsichtige mit mindestens 6,25 Dioptrien haben ein deutlich höheres Glaukomrisiko. Auch starke Astigmatismen von mindestens 4,25 Dioptrien sind meist mit anderen Erkrankungen wie beispielsweise Keratokonus, Trauma oder Ptergium assoziiert, die sich häufiger verschlechtern oder so verändern können, dass unter Umständen eine Operation oder eine andere Therapie notwendig wird.
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