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Parkinson: Vitamin B3 kann Nervenzellen schützen

Dienstag, 26. Juni 2018 – Autor: anvo
Vitamin B3 könnte einen möglichen Therapieansatz bei Parkinson darstellen. Tübinger Forscher konnten zeigen, dass eine Form des Vitamins den Energiestoffwechsel in den Nervenzellenzellen ankurbeln und sie vor dem Absterben bewahren kann.
Vitamin B3, Parkinson

Eine Form des Vitamin B könnte möglicherweise eine neue Therapieoption bei Parkinson darstellen – Foto: ©Maksym Yemelyanov - stock.adobe.com

Rund 220.000 Personen sind in Deutschland von Parkinson betroffen. Bei der Erkrankung kommt es zu einem Verlust von dopaminhaltigen Nervenzellen im Gehirn. In der Folge treten verschiedene Symptome wie Verlangsamung der Bewegungen, Versteifung oder Zittern auf. Heilbar ist Parkinson bisher nicht. Ein Forscherteam um Dr. Dr. Michela Deleidi vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und der Universität Tübingen berichtet nun, dass der Wirkstoff Nicotinamid-Ribosid einen möglichen Therapieansatz darstellen könnte. Es handelt sich dabei um eine Form des Vitamins B3. Erste Ergebnisse im Labor waren vielversprechend: „Das Mittel kurbelt den defekten Energiestoffwechsel in betroffenen Nervenzellen wieder an und schützt sie vor dem Absterben“, so Deleidi.

Beschädigung der Mitochondrien als Schlüsselfaktor

Wie Parkinson entsteht, ist noch nicht genau geklärt. Klar ist, dass zunehmend dopaminhaltige Nervenzellen in der Region der schwarzen Substanz (Substantia Nigra) im Gehirn absterben. In jüngster Zeit festigt sich die Erkenntnis, dass in den betroffenen Nervenzellen die Mitochondrien beschädigt sind. Mitochondrien funktionieren wie kleine Kraftwerke in den Zellen und sind für die Produktion von Energie verantwortlich. Sind sie defekt, kann das zum Tod der Zelle führen.

„In unserer Studie wollten wir untersuchen, ob die beschädigten Mitochondrien nur eine Begleiterscheinung oder Auslöser der Parkinsonerkrankung sind“, sagt Studienleiterin Deleidi. Um das herauszufinden, entnahmen die Forscher in einer internationalen Zusammenarbeit Zellen aus der Haut von Parkinsonpatienten. Diese stimulierten sie so, dass zunächst Stammzellen aus ihnen entstanden, die sich dann zu Nervenzellen weiterentwickelten. Die Zellen hatten einen Defekt im sogenannten GBA-Gen, dem häufigsten Risikogen für Parkinson. Wie bei „echten“ Nervenzellen waren die Funktion ihrer Mitochondrien und ihre Energieproduktion beeinträchtigt.

Vitamin B3 verbesserte Energiehaushalt

Die Wissenschaftler versuchten nun, die Bildung von neuen Mitochondrien anzuregen. Dabei spielt das Coenzym NAD eine wichtige Rolle. Die Wissenschaftler fütterten die Zellen mit Nicotinamid-Ribosid, einer Form des Vitamins B3 und Vorstufe des Coenzyms. Dadurch stieg die Konzentration von NAD in den Zellen an. Das Ergebnis: „Der Energiehaushalt in den Nervenzellen verbesserte sich stark. Es bildeten sich neue Mitochondrien und die Energieproduktion erhöhte sich.“

Auch bei Versuchen an Fliegen mit einem GBA-Gendefekt konnten die Ergebnisse bestätigt werden. Wie bei Parkinsonpatienten sterben bei ihnen dopaminreiche Nervenzellen ab und sie haben mit steigendem Alter zunehmend Probleme beim Laufen und Klettern. Deleidi und ihre Kollegen teilten die Fliegen in zwei Gruppen. Bei einer reicherten sie das Futter mit dem Vitamin an, bei der anderen nicht. „Der Wirkstoff erzielte auch hier eine positive Wirkung: Bei den behandelten Fliegen starben viel weniger Nervenzellen ab als bei den unbehandelten.“ Darüber hinaus blieb bei ihnen das Bewegungsvermögen länger erhalten.

Weitere Forschungen nötig

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Verlust von Mitochondrien tatsächlich eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Parkinson spielt“, fasst Deleidi zusammen. „Die Gabe von Nicotinamid-Ribosid könnte ein neuer Therapieansatz sein.“ Ob das Vitamin tatsächlich bei Parkinson helfen kann, müssen weitere Studien zeigen. In Zukunft planen die Forscher, den Wirkstoff an Patienten zu untersuchen. Bisherige Studien haben offenbar gezeigt, dass er von gesunden Versuchspersonen gut vertragen wird und auch bei ihnen den Energiestoffwechsel ankurbeln kann.

Foto: © Maksym Yemelyanov - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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