Nordische Diät offenbar nicht so gesund wie Mittelmeerdiät
Als „Mittelmeerdiät“ wird eine Ernährungsweise bezeichnet, die zu großen Teilen aus Gemüse, Obst, Fisch, Hülsenfrüchten und Olivenöl besteht und wenig Fleisch oder Milchprodukte enthält. Sie soll verschiedenen Leiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und sogar Krebs entgegenwirken können – darauf haben zahlreiche Studien Hinweise geliefert. Unklar blieb dabei jedoch, ob die mediterrane Kost auch in Deutschland das Risiko für solche Erkrankungen senken kann. „Es handelt sich schließlich um eine regionale Ernährungsform, die sozial und kulturell durch den Mittelmeerraum geprägt ist“, erklärt Professor Matthias Schulze, Leiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).
Mittelmeerdiät kann chronischen Erkrankungen entgegenwirken
Ein Potsdamer Forscherteam hat nun untersucht, ob die positiven Effekte der Mittelmeerdiät auch hierzulande nachweisbar sind. Dazu nutzten sie die Daten von rund 27.500 Potsdamer Probanden der EPIC-Studie. Die Teilnehmer wurden zu Beginn der Studie einmalig zu ihren Ernährungs- und Lebensgewohnheiten befragt. Anschließend sollten sie den Forschern alle zwei bis drei Jahre über neu auftretende Erkrankungen berichten. Die Aufnahme in die Studie erfolgte in den Jahren 1994 bis 1998. Zu diesem Zeitpunkt waren die Teilnehmer 35 bis 65 Jahre alt.
Es zeigte sich, dass diejenigen Studienteilnehmer, die sich ihren Angaben zufolge strikt an die Mittelmeerdiät hielten, ein um 20 Prozent niedrigeres Risiko für Typ-2-Diabetes hatten als Teilnehmer, die sich nur teilweise mediterran ernährten. Auch konnten die Forscher feststellen, dass Menschen, die der Mittelmeerdiät folgten, ein niedrigeres Risiko für spätere Herzinfarkt hatten.
Eine mediterrane Kost scheint also auch außerhalb des Mittelmeerraums das Risiko für Typ-2-Diabetes und wahrscheinlich auch für einen Herzinfarkt zu verringern. Dennoch kann die Mittelmeerdiät für Menschen im mittleren und nördlichen Europa schwieriger sein – alleine schon, weil viele der erforderlichen Lebensmittel hier schwerer verfügbar oder nicht so frisch sind, aber auch, weil diese Ernährungsform vielen unserer kulturellen Gewohnheiten nicht entspricht.
Nordische Diät offenbar weniger wirksam
Forscher suchen daher schon länger nach einer gesunden Ernährungsweise mit lokalen Lebensmitteln aus Mittel- und Nordeuropa. Eine solche "nordische Diät" enthält viel Vollkorn, Äpfel, Birnen und Beeren, Fisch, Kohl- und Wurzelgemüse. Auch Milchprodukte, Kartoffeln und regional typische pflanzliche Fette gehören dazu.
Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Begleiterkrankungen und Lebensstilfaktoren zeigte sich bei der aktuellen Analyse, dass Teilnehmer, die viele dieser Produkte zu sich nahmen, ein um 12 Prozent geringeres Risiko für Herzinfarkte und ein um drei Prozent reduziertes Risiko für Schlaganfälle hatten. Das Auftreten von Diabetes war hingegen leicht erhöht. Allerdings waren alle Unterschiede nicht signifikant.
Für Krebs zeigten sich übrigens bei beiden Ernährungsweisen keine nennenswerten Unterschiede. „Trotzdem ist es möglich, dass Mittelmeerdiät und Nordic Diet auch innerhalb der deutschen Population das Risiko für Krebserkrankungen senken können. Um hier Assoziationen zu sehen, müssten wir unser Augenmerk vermutlich noch gezielter auf einzelne Krebsarten legen“, so Cecilia Galbete, Erstautorin der Studie.
Ernährungsstudien sind oft mit Vorsicht zu genießen
Dass die nordische Diät sinnlos ist, lässt sich aus diesen Daten jedoch nicht ableiten – unter anderem, weil die Menge der aufgenommenen Kalorien nicht berücksichtigt wurde. Zudem sind Ernährungsstudien auf Kohortenbasis immer problematisch. Die Probanden machen die Angaben zu ihrer Ernährungsweise selbst, und das oft auch nur ein einziges Mal. Dann wird analysiert, welche Erkrankungen in den nächsten Jahren auftreten. Daraus einen kausalen Zusammenhang abzuleiten, kann problematisch sein.
Auch leben Menschen, die sich gesund ernähren, häufig auch insgesamt gesünder. Ob sich dieser Einfluss – auch bei der statistischen Berücksichtigung anderer Lebensstilfaktoren – immer komplett ausschließen lässt, ist fraglich. Dennoch können die Studien natürlich Hinweise geben, welche Ernährungsform tendenziell zur Gesundheit beiträgt und welche eher nicht.
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