Körperliche Aktivität scheint gut für das Gehirn zu sein
Da es gegen Demenzerkrankungen bisher noch keine wirksamen Medikamente gibt, kommt der Prävention eine besondere Bedeutung zu. Unter anderem versuchen Forscher herauszufinden, ob und in welchem Maße körperliche Aktivität die Leistungsfähigkeit des Gehirns schützen kann. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Universitätsmedizin Greifswald kamen nun zu interessanten Ergebnissen.
Schützt Bewegung vor Demenz?
„Körperliche Inaktivität ist ein Risikofaktor für Demenz. Dagegen scheinen körperliche Fitness und regelmäßiger Sport vorbeugende Wirkung zu haben. Diverse Studien deuten darauf hin. Die Mechanismen dahinter sind jedoch unklar“, sagt Prof. Hans Jörgen Grabe, Forschungsgruppenleiter am DZNE-Standort Rostock/Greifswald und Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald (UMG).
Um Licht ins Dunkel zu bringen, untersuchten nun Wissenschaftler um Grabe die Daten von über 2000 Frauen und Männern im Alter zwischen 21 bis 84 Jahren. Im Rahmen einer früheren Studie (SHIP) hatten die Probanden einen Belastungstest auf dem Fahrrad-Ergometer absolviert und ihre Gehirne mittels Magnetresonanz-Tomographie (MRT) vermessen lassen.
Höhere Fitness = größeres Hirnvolumen
Zur Bestimmung der körperlichen Fitness war die von den Probanden unter Höchstbelastung ein- und ausgeatmete Luft untersucht und daraus die „maximale Sauerstoff-Aufnahme“ ermittelt worden. Diese gab Auskunft über den Trainingszustand ihres Herz-Kreislauf-Systems. Diese Messwerte sowie die MRT-Daten wurden für die aktuelle Studie statistisch ausgewertet.
„Wir haben einen positiven Zusammenhang zwischen körperlicher Leistungsfähigkeit und Hirnvolumen gefunden: je besser die körperliche Fitness, umso größer das Hirnvolumen“, erläutert Dr. Katharina Wittfeld, DZNE-Wissenschaftlerin, die Ergebnisse. Und Grabe ergänzt: „Die nun vorliegenden Daten stützen die Hypothese, dass die kardiorespiratorische Fitness zu einer verbesserten Gehirngesundheit und einem verlangsamten altersbedingten Abbau der Hirnmasse beitragen könnte.“
Kausalität nicht erwiesen
Die Ergebnisse seien allerdings kein Beweis, dass Sport das Hirnvolumen tatsächlich vergrößere, gibt Grabe einschränkend zu. „Der statistische Zusammenhang zwischen Fitness und Hirnvolumen, den wir festgestellt haben, sagt nichts über die Ursachen“, so der Forscher. So habe man weder etwaige sportliche Aktivitäten der Versuchsteilnehmer erfasst, noch untersucht, ob sich durch Training über längere Zeiträume das Hirnvolumen verändere.
„Von den Probanden wurde nur der jeweilige Ist-Zustand festgehalten. Außerdem stehen wir vor einem Henne-Ei-Problem. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Größe mancher Hirnareale in der Weise auf die Hirnfunktion auswirkt, dass die Betreffenden besonders motiviert sind, Sport zu treiben und deshalb körperlich fitter sind. Dann wäre nicht Sport die Ursache für ein vergrößertes Hirnvolumen, es wäre genau umgekehrt.“
Sport könnte Verlust von Nervenzellen entgegenwirken
Allerdings haben bereits frühere Studien nahegelegt, dass regelmäßiges körperliches Training das Hirnvolumen vergrößern kann. „Durch Sport werden erwiesenermaßen körpereigene Substanzen freigesetzt, die dem Verlust von Nervenzellen entgegenwirken können. Außerdem gibt es Hinweise dafür, dass körperliche Aktivität die Neubildung von Nervenzellen anregen kann. Beide Phänomene könnten die Auswirkungen auf das Hirnvolumen, die wir und ähnliche Studien nachgewiesen haben, möglicherweise erklären“, so Grabe.
Für besonders bedeutsam hält der Wissenschaftler die Tatsache, dass in der aktuellen Studie ein Zusammenhang zwischen körperlicher Fitness und Hirnvolumen nicht nur bei jungen Menschen, sondern auch bei älteren Erwachsenen gefunden wurde. Dies deute darauf hin, dass die Förderung körperlicher Fitness möglichweise sogar in späten Lebensjahren dabei helfen könnte, Hirnmasse zu erhalten. Und das könne auch dazu beitragen, geistig möglichst lange fit zu bleiben.
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