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Hebammenverband fordert bessere Arbeitsbedingungen

Dienstag, 8. Mai 2018 – Autor: anvo
Die Geburtshilfe ist in der Krise und vielerorts fehlen Hebammen. Der Deutsche Hebammenverband (DHV) fordert daher bessere Ausbildung- und Arbeitsbedingungen für Hebammen, um die Qualität in der Geburtshilfe zu sichern.
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Die Arbeit von Hebammen ist lebenswichtig – Foto: ©Newman Studio - stock.adobe.com

Die Arbeit von Hebammen ist vielfältig. Die Geburtshelferinnen sind Expertinnen – nicht nur für die Geburt selbst, sondern für die gesamte Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit. Sie helfen bei medizinischen und vielen anderen individuellen Problemstellungen, beantworten Fragen rund um die Geburt und die Zeit im Wochenbett, geben gerade jungen Familien psychosoziale Unterstützung und helfen ihnen, sich in der neuen Lebenssituation zurechtzufinden. Doch trotz der großen Wichtigkeit ihrer Arbeit gibt es in Deutschland zu wenige Hebammen, und die Geburtshilfe in Deutschland steht vor zahlreichen Schwierigkeiten. Immer mehr Kreißsäle schließen und der Personalmangel steigt.

Nach Auffassung des Deutschen Hebammenverbands e.V. (DHV) haben sich die Arbeitsbedingungen für Hebammen insbesondere in Kliniken dadurch verschlechtert. Der DHV fordert daher, mehr Hebammen einzustellen und eine qualitativ hochwertige Ausbildung sicherzustellen, damit jede Frau die Betreuung erhält, die sie benötigt und wünscht. Zudem fordert der Verband eine bundesweit einheitliche Planung und neue Konzepte für die Versorgung rund um die Geburt, eine Personalbemessung in den Kreißsälen und weniger fachfremde Tätigkeiten für Hebammen.

Deutschland hinkt in der Ausbildungsreform hinterher

Der DHV kritisiert unter anderem, dass Deutschland zu den wenigen Ländern gehört, welche die neue EU-Bestimmung zur Hebammen-Ausbildung noch nicht umgesetzt haben. In allen Mitgliedstaaten der EU darf die Ausbildung zur Hebamme ab 2020 nur noch an Hochschulen stattfinden und hat somit einen zwölfjährigen Schulbesuch als Voraussetzung. Da Deutschland in der Umsetzung hinterherhinkt, wird ein deutscher Abschluss in Deutschland innerhalb der EU heute nicht mehr automatisch anerkannt. Nach Ansicht des DHV bietet die von der EU beschlossene Akademisierung des Hebammenberufes die Möglichkeit, die Ausbildungsinhalte auf einen aktuellen, zeitgemäßen Stand auf Hochschulniveau zu bringen. Außerdem bietet der Hochschulabschluss den Absolventinnen und Absolventen viele neue berufliche Perspektiven.

Damit der praktische Ausbildungsteil ausreichend finanziell abgesichert ist, fordert der Deutsche Hebammenverband zudem hierfür einen gesetzlichen Finanzierungsrahmen. Dieser soll auch für außerklinische Hebammen und hebammengeleitete Einrichtungen gelten und über den Ausbildungsfonds des Krankenhausfinanzierungsgesetzes geregelt werden.

Abrechnungspauschalen müssen geändert werden

Ein weiteres Problem ist der zunehmende Anteil von Kaiserschnitten bei Geburten in Deutschland. Schon heute liegt die Rate hierzulande bei rund 30 Prozent – das sind 20 Prozent mehr, als die Weltgesundheitsorganisation für medizinisch notwendig hält. Zwar sind Kaiserschnitte in einigen Fällen lebensnotwendig, doch da sie auch Risiken für Mutter und Kind mit sich bringen, sollten sie nur im Notfall zur Anwendung kommen. So zeigen Studien unter anderem, dass eine Geburt per Kaiserschnitt für Kinder mit einem erhöhten Risiko für Asthma, Diabetes und Allergien verbunden ist.

Doch da sich Spontangeburten für Kliniken kaum noch finanziell rechnen, da sie häufig länger dauern und einer intensiven individuellen Betreuung bedürfen, wird immer öfter zum Kaiserschnitt geraten. Gleichzeitig werden unrentable Kreißsäle oder Geburtsabteilungen vielerorts geschlossen. Der Deutsche Hebammenverband fordert daher veränderte Abrechnungspauschalen in der Geburtshilfe. Dabei sollte auch die erforderliche und geleistete Hebammenbetreuung berücksichtigt werden.

12 Thesen für eine bessere Geburtshilfe

Seine Auffassung zu einer guten Geburtshilfe hat der Deutsche Hebammenverband in 12 Thesen für eine gute Geburtshilfe zusammengefasst:

  1. Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett sind natürliche und besonders schützenswerte Vorgänge im Leben von Frauen.
  2. Schwangere und Mütter haben in diesen Lebensphasen das Recht auf eine respektvolle und individuelle Betreuung und Begleitung durch Hebammen.
  3. Hebammen unterstützen bei diesen natürlichen Lebensprozessen. Sie schützen, wahren und fördern die körperliche und seelische Gesundheit der Frauen und ihrer Kinder. Dies steht an oberster Stelle bei jeder Begleitung durch Hebammen.
  4. Jede Geburt und jede Frau haben ihren eigenen Rhythmus – sie bekommen die Zeit, die sie benötigen.
  5. Damit jede Frau an einem von ihr selbst gewählten Ort gebären kann, muss ihr ein ausreichendes Angebot an Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
  6. Schwangeren und Gebärenden steht jederzeit ein geschützter Raum, die Wahrung ihrer Intimsphäre sowie Verschwiegenheit zu.
  7. Während der Geburt hat jede Frau das Recht, kontinuierlich durch eine Hebamme begleitet zu werden, die sich ausschließlich um sie kümmert. Eine solche Eins-zu-eins-Betreuung wird von jeder Hebamme angestrebt.
  8. Hebammen erfüllen alle ihre Aufgaben bestmöglich unter den gegebenen Umständen und unabhängig von wirtschaftlichen Interessen.
  9. In den natürlichen Geburtsvorgang sollen Hebammen und Ärztinnen und Ärzte nur eingreifen, wenn die Gesundheit der Frau oder des Kindes bedroht sind.
  10. Frauen haben das Recht, vor jedem Eingriff in das Geburtsgeschehen verständlich und nachvollziehbar darüber aufgeklärt zu werden, was genau passieren wird. So können sie gemeinsam mit denjenigen, die sie betreuen, informierte und verantwortungsvolle Entscheidungen über ihren Körper treffen.
  11. Die Werte von Frauen und ihre Entscheidungen sind zu respektieren.
  12. Die Stärkung der Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten der Frauen stehen im Fokus aller Überlegungen und allen Tuns.

Foto: © Newman Studio - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
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