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Wie Kinder eine Krebserkrankung verarbeiten

Samstag, 5. August 2017 – Autor: Anne Volkmann
Eine Krebserkrankung ist für Kinder zwar stark belastend. Dennoch weisen betroffene Kinder später nicht öfter Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf als andere. Auch ist nur für jedes zweite Kind die Erkrankung das schrecklichste Ereignis im Leben.
Krebs bei Kindern

Für krebskranke Kinder ist oft nicht die Diagnose am schlimmsten. Belastender sind meist die Trennung von den Eltern und die Krankenhausaufenthalte – Foto: ©Frantab - stock.adobe.com

Schon Kinder können an Krebs erkranken, und häufig sind es sogar Kleinkinder, die betroffen sind. Die vorherrschenden Krebsarten im Kindesalter sind allerdings relativ gut behandelbar. Am häufigsten handelt es sich dabei um Leukämien, Tumoren des zentralen Nervensystems und Lymphome. Obwohl für Erwachsene die Vorstellung von krebskranken Kindern besonders schrecklich ist, verarbeiten die Kinder selbst eine Krebserkrankung offenbar besser als allgemein angenommen. Das hat eine Umfrage von Ärzten um Dr. Katianne Sharp von der St.-Jude-Kinderklinik in Memphis ergeben. Ein weiteres Ergebnis: Krebskranke Kinder erleben anscheinend nicht häufiger eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Kinder ohne gesundheitliche Belastungen.

Diagnose oft weniger schlimm als die Trennung von den Eltern

Natürlich ist eine Krebserkrankung für Kinder mit Leiden verbunden. Doch nicht nur die Erkrankung selbst und die damit verbundenen Ängste sind ein Problem. Die Kinder leiden vor allem auch unter der Trennung von ihren Familien, den langen Krankenhausaufenthalten sowie den Nebenwirkungen der Krebstherapien, wie die Umfrage der US-amerikanischen Ärzte ergab. Sie hatten für ihre Studie 254 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 17 Jahren befragt, die an einer Krebserkrankung litten. Im Durchschnitt waren die Kinder 13 Jahre alt, bei 50 Prozent der Befragten lag die Diagnose mehr als zwei Jahre zurück, bei einem Viertel weniger als sechs Monate. Die Forscher stellten dieselben Fragen auch einer Vergleichsgruppe von 202 Kindern, die keine ernsthaften gesundheitlichen Probleme hatten.

Wie die Ärzte feststellten, empfanden nur 54 Prozent der Krebskranken ein Ereignis im Zusammenhang mit ihrem Tumor als das Schrecklichste in ihrem Leben – und dies auch nur, wenn die Diagnose noch nicht lange zurücklag. Je mehr Zeit vergangen war, desto stärker ging auch die Bedeutung der Erkrankung zurück. Wurde der Krebs als das bisher schlimmste Erlebnis genannt, war es nicht unbedingt die Diagnose, welche von den Kindern als so furchtbar empfunden wurde, sondern eher die Begleitumstände. Damit unterscheiden sich Kinder erheblich von Erwachsenen, für die vor allem die Diagnose und damit das Bewusstsein, eine lebensbedrohliche Erkrankung zu haben, schwer zu verarbeiten ist.

Tod von Verwandten oder Freunden oft schlimmer als die eigene Krebserfahrung

Bei den betroffenen Kindern, die den Krebs nicht als das schrecklichste Ereignis in ihrem Leben betrachteten, traten ähnliche Ereignisse in den Vordergrund wie bei den nicht erkrankten Kindern. So war für sie häufig der Tod eines nahen Verwandten, eines Freundes oder eines geliebten Haustieres schlimmer. 56 Prozent dieser Kinder nannten solche Erlebnisse als die schlimmsten in ihrem Leben. Erstaunlicherweise lag der Anteil der gesunden Kinder, die unter solchen Erlebnissen stark litten, bedeutend niedriger. Hier nannten nur 36 Prozent solche Ereignisse. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass krebskranke Kinder stärker sensibilisiert sind oder tatsächlich mehr Todesfälle in ihrer Umgebung erleben – zum Beispiel während ihrer Krankenhausaufenthalte.

Andere Erlebnisse hatten bei gesunden und kranken Kindern einen ähnlichen Stellenwert. So waren Familienprobleme und Scheidung für zehn Prozent der krebskranken Kinder und für 13 Prozent der gesunden am schlimmsten. Naturkatastrophen und Hausbrände wurden in beiden Gruppen seltener erwähnt, ebenso Gewalterfahrungen, Missbrauch, Unfälle oder Phobien.

Kranke Kinder nicht öfter traumatisiert als gesunde

Die Forscher überprüften auch, wie viele Kinder die Kriterien einer Posttraumischen Belastungsstörung erfüllten. Eines der wichtigsten Kriterien, nämlich die Tatsache, dass die Erkrankung als Bedrohung für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit empfunden wird, lag bei 70 beziehungsweise 75 Prozent der betroffenen Kinder vor. Aber dieselbe Erfahrung, allerdings aufgrund anderer Ursachen, machten auch 72 Prozent der Kinder ohne eine Krebserkrankung. Ähnlich sah es bei den Symptomen einer starken Hilflosigkeit und Angst aus. Die Studienautoren konstatieren daher, dass eine Tumorerkrankung für Kinder nicht stärker traumatisierend sei als andere schreckliche Ereignisse, und dass die jungen Tumorpatienten nicht unbedingt stärker traumatisiert seien als Kinder ohne Krebs. Man könne also nicht davon ausgehen, dass bei krebskranken Kindern der Tumor das schlimmste Ereignis im Leben sei und sollte daher die Erkrankung nicht immer aus der Traumaperspektive betrachten.  

Foto: © Frantab - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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