Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Zweitimpfung mit AstraZeneca? Was dafür und dagegen spricht

Donnerstag, 1. April 2021 – Autor:
Seit Dienstag wird in Deutschland das COVID-19-Vakzin AstraZeneca nur noch Menschen über 60 Jahren empfohlen. Das wirft Fragen zur Zweitimpfung auf. Experten halten eine Impfung mit einem anderen Impfstoff durchaus für sinnvoll. Nur ein Fragezeichen bleibt.
Die Zweitimpfung könnte aus immunologischer Sicht auch mit einem anderen Impfstoff als AstraZeneca erfolgen, sagt ein Experte

Die Zweitimpfung könnte aus immunologischer Sicht auch mit einem anderen Impfstoff als AstraZeneca erfolgen, sagt ein Experte – Foto: © Adobe Stock/Prostocl-Studio

In Deutschland wurden bisher rund 2,8 Millionen Menschen mit dem COVID-19-Vakzin AstraZeneca geimpft – vor allem jüngere. Mangels ausreichender Daten hatte die Ständige Impfkommission STIKO den Vektor-Impfstoff zunächst nicht für ältere Menschen ab 60 Jahren empfohlen. Wenige Wochen später schwenkte die STIKO um, und empfahl den Impfstoff für alle Altersgruppen.

Mitte März wurde die Verimpfung von AstraZeneca für ein paar Tage dann wegen "Sicherheitsbedenken" vom Bundesgesundheistministerium vollkommen gestoppt. Am 18. März wurde die Impfung schließlich wieder aufgenommen: Trotz zum Teil tödlicher Hirnvenenthrombosen wurden Jung und Alt weiter mit AstraZeneca geimpft. Bis zur erneuten Kehrtwende am Dienstag.

STIKO ändert zum dritten Mal Empfehlung

Seither empfiehlt die STIKO, nur noch Menschen ab 60 Jahren mit dem Impfstoff von AstraZeneca zu impfen. Frankreich und Dänemark hatten sich bereits schon so entschieden, weil Fälle sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen ganz überwiegend bei Personen im Alter unter 60 Jahren aufgetreten waren. Dem Paul-Ehrlich-Institut PEI wurden bis dato 31 Fälle von Hirnvenenthrombosen nach einer Impfung mit AstraZeneca gemeldet. Darunter waren 29 Frauen und nur zwei Männer. In neun Fällen sind die Betroffenen gestorben. Anders als die Europäische Arzneimittelagentur EMA hält die STIKO  das Risiko-Nutzen-Verhältnis nicht mehr für vertretbar.

Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff immunologisch wohl kein Problem

Der Immunologe Professor Reinhold Förster von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hält die jüngste STIKO-Entscheidung für folgerichtig. Zwar liege das Risiko für jüngere Personen, eine lebensgefährliche Hirnvenenthrombose zu bekommen, nur bei 1:100.000, erklärte er in einem Interview mit „WELT.“ „Auf der anderen Seite haben wir Impfstoffe, die diese seltene Nebenwirkung offenbar nicht hervorrufen und eine Bevölkerungsgruppe, die ein sehr niedriges Risiko für einen schweren Verlauf hat. Von daher spricht nach meiner Einschätzung nichts dagegen, die Empfehlungen entsprechend zu ändern.“

Bleibt die Frage, ob die Zweitimpfung auch mit einem anderen Impfstoff erfolgen könnte. „Aus immunologischer Sicht spricht gar nichts gegen einen Mix“, sagte Förster. Mit der Erstimpfung von AstraZeneca und einer zweiten mit Biontech/Pfizer bekommen Sie einen sehr guten Schutz hin, da bin ich mir absolut sicher.“ Dabei gebe es nur ein Problem: „Dazu gibt es überhaupt keine Daten“.

Impfstoff-Kombinationen wurden bisher nicht untersucht

So wurden in den Zulassungsstudien keine Impfstoff-Kombinationen untersucht. Man weiß also nichts darüber, welche Nebenwirkungen auftreten können, wenn Menschen mit unterschiedlichen Impfstoffen geimpft werden. Eine Kombination von Impfstoffen sei überhaupt nicht vorgesehen und entsprechend nicht untersucht worden, erklärt Förster. „Da geht es dann auch um Haftungsfragen.“

Vor diesem Dilemma steht nun auch die STIKO. Bis Ende April will die Impfkommission entscheiden, ob es für jüngere eine Zweitimpfung mit AstraZeneca oder eben einem anderen Impfstoff geben soll.

Den diskutierten Vorschlag, die zweite Impfstoffdosis von AstraZeneca einfach zu reduzieren, um das Thromboserisiko zu senken, hält Immunologe Förster nicht für sinnvoll. Es sei eine reine Vermutung. dass dadurch auch diese spezielle Nebenwirkung seltener auftrete, betonte er im WELT-Interview. „Wenn die Sinusvenenthrombosen mit der Immunantwort zusammenhängen, kann man nicht davon ausgehen, dass eine Verabreichung einer niedrigeren Dosis hier zielführend ist“, so der Mediziner.

Hauptkategorien: Corona , Gesundheitspolitik , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Coronavirus , Impfen

Weitere Nachrichten zum Thema COVID-19 Vakzin AstraZeneca

18.03.2021

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat am Donnerstagnachmittag den Astra Zeneca Impfstoff erneut für wirksam und sicher erklärt und hält an ihrer Zulassung fest. Das Bundesgesundheitsministerium folgt der Empfehlung und gibt das Vakzin wieder frei. Die Impfungen mit AstraZeneca werden in Deutschland bereits am Freitag wieder aufgenommen.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin