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Zecken: FSME wandert Richtung Norddeutschland

Donnerstag, 10. März 2022 – Autor:
Zecken-Studie mit Bürgerbeteiligung: Mehr als 8.000 Zecken haben Privatleute zu Forschungszwecken für die Uni Stuttgart gesammelt und eingeschickt. Das Ergebnis: Zecken, die Menschen mit „Frühsommer-Meningo-Enzephalitis“ (FSME) anstecken können, wandern innerhalb des Hauptrisikogebiets Süddeutschland in höhere Lagen – und außerhalb davon zunehmend in Richtung Norddeutschland.
Auwaldzecke.

Die Auwaldzecke ist auf dem Vormarsch. Der Parasit aus der Familie der Buntzecken ist eine heimische Art und kann – wie der weit verbreitete „Holzbock" – FSME auf den Menschen übertragen. – Foto: AdobeStock/Anton

Die gute Nachricht ist:  Die Zahl der Menschen, die nach einem Zeckenbiss an „Frühsommer-Meningo-Enzephalitis“ erkrankt sind, ist im vergangenen Jahr in Deutschland spürbar gesunken – von 712 Fällen im Jahr 2020 auf 416 Fälle im Jahr 2021. Die weniger gute Nachricht ist: Im Hauptverbreitungsgebiet Süddeutschland wandern mit FSME infizierte Zecken in höhere Lagen. Und: Sie breiten sich stetig in Richtung der klimatisch kühleren Nordhälfte Deutschlands aus. Das zeigt ein Forschungsprojekt der Universität Hohenheim in Stuttgart.

Zecken-Studie: Auwaldzecke auf dem Vormarsch

Im Rahmen einer „Citizen Science“ Studie hatte die Universität Bürger dazu aufgerufen, Zeckenfunde einzusenden. Das Fachgebiet Parasitologie unter Prof. Dr. Ute Mackenstedt sammelte auf diese Weise über 8.000 Zecken aus ganz Deutschland. „Der Großteil davon sind Zecken der Gattung Dermacentor, darunter vor allem die Auwaldzecke Dermacentor reticulatus“, sagt Mackenstedt. „Die Einsendungen kamen aus allen Bundesländern. Daran sehen wir, dass sich die Auwaldzecke bundesweit ausbreitet.“

FSME-Hauptrisikogebiet: Die Südhälfte Deutschlands – bisher

Genau wie der in Deutschland vorherrschende „Holzbock“ kann auch diese – ebenfalls heimische – Zeckenart Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. Der Schwerpunkt des FSME-Risikogebiets liegt weiterhin in den süddeutschen Ländern Bayern und Baden-Württemberg, deren Territorien auf der Landkarte flächendeckend als FSME-Risikogebiet  erkennbar sind. Am Nordrand dieses Areals kamen in den vergangenen Jahren weitere Landkreise als Risikogebiete hinzu. Außerdem: weitere nördlich liegende Kreise als geographische Inseln mit FSME-Risiko.

Jahr 2022: Sechs neue FSME-Risikogebiete deutschlandweit

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat im Januar dieses Jahres sechs weitere Kreise deutschlandweit zu FSME-Risikogebieten erklärt. Vier davon grenzen an bereits bekannte. In zwei Bundesländern wurden erstmals überhaupt Kreise zu Risikogebieten erklärt. Dies betrifft einmal das Land Brandenburg mit drei neuen Risikogebieten (Landkreise Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und Spree-Neiße) und zum zweiten das Land Nordrhein-Westfalen mit einem Kreis – dem Stadtkreis Solingen. Im Land Sachsen wurden zwei Kreise zu FSME-Risikogebieten: der Stadtkreis Chemnitz und der Landkreis Görlitz. Somit sind laut RKI aktuell 175 Kreise als FSME-Risikogebiete definiert.

Neue Zeckengebiete – Impfstrategie muss auf den Prüfstand

„Während die Fallzahlen in Süddeutschland zurückgingen, breitet sich FSME in Norddeutschland zunehmend aus“, sagt Prof. Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. „Das deutet darauf hin, dass unterschiedliche Umweltfaktoren in den beiden Regionen Einfluss auf die Verbreitung der Krankheit haben.“ Die Ausbreitung der Erkrankung auch in Norddeutschland macht nach Einschätzung von Zeckenforschern eine Anpassung der derzeit gängigen Impfstrategie nötig.

Nach Zeckenstich: FSME-Risiko bei mindestens 1:100

Die FSME-Erreger werden durch europäische Zecken wie den europäischen Holzbock, aber auch die Auwaldzecke übertragen. In den Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich bei 1:50 bis 1:100. Nach circa zehn Tagen treten grippeähnliche Symptome auf. Bei rund einem Drittel der Patienten kommt es nach einer vorübergehenden Besserung zu einem erneuten Fieberanstieg und einer zweiten Krankheitsphase.

Wie gefährlich ist „Frühsommer-Meningo-Enzephalitis“ (FSME)?

Bei leichten Verläufen klagen die Patienten vorwiegend über starke Kopfschmerzen. Bei schwereren Verläufen sind auch Gehirn und Rückenmark beteiligt. Zu den Symptomen gehören Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen sowie Bewusstseinsstörungen und epileptische Anfälle. Für circa 1 Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich. Ist die Krankheit erst einmal ausgebrochen, können nur die Symptome therapiert werden. Dagegen schützen kann nur die FSME-Impfung – aber die gibt es immerhin. Für die zweite bedeutsame durch Zecken übertragene Krankheit, die Lyme-Borreliose, ist derzeit noch kein wirksamer Impfstoff auf dem Markt verfügbar.

Hauptkategorie: Medizin
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