Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Wird der Grippe-Impfstoff knapp?

Mittwoch, 14. Oktober 2020 – Autor:
Immer mehr Deutsche wollen die Grippe-Impfung, zu der der Gesundheitsminister rät. Aber der Impfstoff lässt sich nicht einfach nachproduzieren. Die verfügbaren 26 Millionen Dosen reichen nicht einmal für die Risikogruppen. Apotheker und Ärzten streiten jetzt: Mit dem Impfstoff sparsam umgehen gegen Engpässe, sagen die einen. Den Impfstoff aufbrauchen für eine größtmögliche Wirkung, sagen die anderen.
Grippeimpfung Detail mit Spritze, Nadel und nacktem Oberarm

Im ersten Winter unter Corona-Bedingungen soll eine breit angelegte Impfung der Bevölkerung gegen Grippe das Gesundheitssystem vor Überlastung schützen. Aber was ist, wenn dann der Impfstoff ausgeht? – Foto: ©sharryfoto - stock.adobe.com

Die Nachfrage nach Grippeschutzimpfungen steigt. Das registrieren behandelnde Ärzte, aber auch Apotheker, die die Impfstoffdosen an Ärzte verteilen. Laut einer aktuellen Umfrage der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) wollen sich 38 Prozent der Erwachsenen impfen lassen. Das wären mehr als 26 Millionen Menschen – und somit mehr, als es in diesem Jahr Impfdosen gibt. Doch die 2020 bereitgestellten rund 26 Millionen Dosen reichen rein rechnerisch nicht einmal aus, um alle Risiko-Patienten in Deutschland zu versorgen, für die die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung offiziell empfiehlt. Zu dieser Gruppe zählen alle über 60-Jährigen, chronisch Kranke, Schwangere, Mitarbeiter im Gesundheitswesen und alle, die beruflich viele Kontakte haben.

Apothekerin musste Ärzten bei Bestellungen bereits absagen

Unterdessen warnen Gesundheitsexperten davor, mit dem Impfstoff allzu großzügig umzugehen. „Tatsächlich kann man den Impfstoff nicht einfach nachproduzieren“, sagte die Berliner Apothekerin Monika Bock im rbb-Verbrauchermagazin Super.Markt. „Mit einiger Sicherheit wird es zu einem Engpass kommen." Sie habe schon einigen Ärzten, die weitere Impfungen nachbestellen wollten, absagen müssen. In derselben Sendung gab sich auch Martin Terhardt von der „Ständigen Impfkommission“ des Robert Koch-Instituts (STIKO) besorgt. Der Kinderarzt und Impfexperte sagte dort: „Mein Wunsch wäre tatsächlich eine abgestufte Empfehlung, dass man jetzt erst mal bis Mitte Dezember wirklich den Vorrang denjenigen gibt, die zu den Risikogruppen gehören.“

KV: Impfstoff restlos aufbrauchen wäre ein „Irrsinnserfolg“

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hingegen hält weiterhin an ihrer allgemeinen, freiwilligen Impfempfehlung für alle fest. „Ich glaube, wenn wir es schaffen 26 Millionen Mal gegen Influenza zu impfen, dann ist das ein Irrsinnserfolg, der in der Vergangenheit noch nie erreicht wurde", sagte Burkhard Ruppert, stellvertretender KV-Vorsitzender in Berlin. Die Grippeimpfung schützt zwar nicht vor einer Corona-Infektion. Dennoch gilt der Grippeschutz in diesem Herbst und Winter als besonders wichtig.

Lauterbach: Grippe-Impfstoff ist bisher noch nie ausgegangen

Dieselbe Position vertritt auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie müsse es das Ziel sein, den gesamten Impfstoff wegzuimpfen. „Es leistet einen riesigen Beitrag dazu, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet wird und insbesondere, dass die Grippe-Pandemie gestoppt werden kann", sagte Lauterbach, der selbst auch Epidemiologe ist. Der Gesundheitspolitiker rechnet damit, dass auch dieses Jahr die verfügbaren Impfdosen wahrscheinlich nicht aufgebraucht werden. „Wenn das passieren würde, hätten wir sozusagen ein Luxusproblem", sagte Lauterbach. „Weil dann wäre es uns tatsächlich zum ersten Mal gelungen, dass der Impfstoff in solch einer Situation verimpft wurde."

Spahn: Impfung verhindert Überlastung der Medizin im Corona-Winter

Ausgelöst hatte den Run auf die Grippeimpfung ein Aufruf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), sich kostenlos impfen zu lassen. Damit lasse sich eine größere Grippewelle verhindern, die eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems im ersten COVID-19-Winter noch verstärken könnte. Der Chef-Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, sagte kürzlich im Interview mit gesundheitsstadt-berlin.de vorher:„Die Pandemie wird jetzt erst richtig losgehen."

Foto: AdobeStock/sharryfoto

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Corona
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Infektionskrankheiten , Grippe , Grippeschutzimpfung , Grippewelle

Weitere Nachrichten zum Thema Grippe

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin