Sechs Gramm – das ist die rote Linie für den täglichen Salzkonsum. Mehr gilt als gesundheitsschädlich. Für Menschen mit Bluthochdruck gilt dieses Dogma auch weiter. Für gesunde Menschen jedoch offenbar nicht mehr, wie eine neue Meta-Analyse nahelegt. Demnach schadet zu wenig Salz ebenfalls dem Herz-Kreislauf-System und es treten vermehrt Herzinfarkte und Schlaganfälle auf.
Der Metaanalyse um den kanadischen Forscher Andrew Mente von der McMaster University lagen vier große prospektive Studien mit insgesamt 135.000 Menschen aus 49 Ländern zugrunde. Dabei wurde die Natrium-Ausscheidung im Urin gemessen und mit Herz-Kreislauf-Ereignissen sowie den Gesamttodesfällen verglichen. An der Natriumausscheidung im Harn kann man die Aufnahme von Kochsalz beurteilen; wobei etwa 2,3 Gramm Natrium 5 Gramm Kochsalz entsprechen. Bei Probanden mit Bluthochdruck stieg die Ereignisrate erwartungsgemäß an, sobald die Natriumaufnahme über vier bis fünf Gramm pro Tag hinausging. Studienteilnehmer mit normalem Blutdruck steckten diese Salzmengen dagegen problemlos weg. Allerdings wurde bei ihnen ein anderes Phänomen beobachtet: Lag die Natriumzufuhr unter drei Gramm täglich - also unterhalb der roten Linie - traten vermehrt Herz-Kreislauf-Ereignisse und Todesfälle auf. Erstaunlicherweise traf dies auch auf Menschen mit Bluthochdruck zu.
Zu wenig Salz ist ungesund
Ist das alte Salz-Dogma damit also hinfällig? „Die Lancet-Arbeit zeigt uns, zu wenig Salz – unabhängig davon ob der Mensch einen erhöhten oder einen normalen Blutdruck hat – sollte man auch nicht zu sich nehmen“, sagt Professor Matthias Weber von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Allerdings sei die Gefahr einer zu geringen Salzaufnahme eher gering. „Die meisten Menschen hierzulande nehmen ohnehin zu viel Salz zu sich“, so der Endokrinologe.
Kochsalz steckt in allen verarbeiteten Nahrungsmitteln wie Brot, Wurst, Käse und Fertiggerichten. Selbst Eis enthält eine Menge Salz. Auf diese Weise nimmt ein Mann im Schnitt täglich 10,0 Gramm Salz zu sich und eine Frau 8,4 Gramm, das meiste davon, ohne es zu merken.
Bei Bluthochdruck ist wenig Salz besser
Aufpassen sollten auf jeden Fall alle, die an Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz leiden, meint Professor Helmut Schatz, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Menschen mit normalem Blutdruck müssten aber weniger auf Ihren Salzkonsum achten. „Die Devise ‚je weniger, desto besser‘ müssen wir nach den Ergebnissen der Lancet-Studie nun differenzierter betrachten.“
Die jetzt im Fachblatt „The Lancet“ erschienene Metaanalyse ist nicht die erste Arbeit, die das Salz-Dogma in Frage stellt: Bereits 2011 zeigte eine europäische Bevölkerungsstudie, dass bei niedrigem Salzkonsum eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität besteht. Die Studie war aufgrund ihrer geringen Teilnehmerzahl jedoch kaum beachtet worden.
Foto: © JPC-PROD - Fotolia.com