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Wie Mutationen des Coronavirus entstehen

Montag, 16. Mai 2022 – Autor:
Das Coronavirus mutiert, aber wie und wo? Das Fallbeispiel einer Krebspatientin zeigt, dass in einer einzigen Person mehr als ein Dutzend besorgniserregende Varianten entstehen können. Ein geschwächtes Immunsystem scheint demnach ein Nährboden für Virusmutationen zu sein.
Das Coronavirus verändert sich laufend. In immungeschwächten Personen sind die Bedingungen ideal dafür

Das Coronavirus verändert sich laufend. In immungeschwächten Personen sind die Bedingungen ideal dafür – Foto: © Adobe Stock/ Alexander Limbach

Alpha, Delta, Omikron – wie und wo sind eigentlich all die Mutationen des Coronavirus entstanden? Besonders günstige Bedingungen findet das Virus in immungeschwächten Menschen vor. Aufgrund der schwachen Abwehrlage kann es sich hier nicht nur hervorragend vermehren, sondern hat auch viel Zeit sich zu verändern. In der Wissenschaft wird zum Beispiel diskutiert, ob Omikron möglicherweise auf die hohe Zahl an immundefizienten HIV-Infizierten in Südafrika zurückzuführen ist. Nachgewiesen ist das noch nicht, aber nicht unwahrscheinlich.

Krebspatientin durch Chemos geschwächt

Nun zeigt ein Fallbeispiel aus Österreich, dass Personen, bei denen das Immunsystem mittels Medikamente heruntergefahren werden musste, als potenzielle Quelle für Virusvarianten in Frage kommen. In diesem Fall ging es um eine Krebspatientin mit einer chronischen lymphatischen Leukämie. Ihr Immunsystem war durch zahlreiche Chemotherapien geschwächt, im November 2020 infizierte sich mit SARS-CoV-2. Sieben Monate lang war das Virus bei ihr nachweisbar, dem Bericht nach bei „relativ milden Symptomen“. Erst nach zwei Impfungen konnte die Österreicherin eine Immunantwort bilden und das Virus loswerden.

In 7 Monaten 17 Virusmutationen entwickelt

Was innerhalb der sieben Monate mit dem Coronavirus geschah, verfolgten Wissenschaftler des Universitätsklinikums Würzburg und der Medizinischen Universität Innsbruck mit mikrobiologischen Untersuchungen: Während des gesamten Infektionsverlaufes fanden sie bei der Patientin insgesamt 17 Virus-Mutationen. Bei 15 davon handelt es sich um bekannte Escape-Varianten, also Mutationen sind, die eine Immunantwort umgehen. Das heißt, 88,2 Prozent sind prominente Immunflucht-Mutationen, die als neue besorgniserregende Varianten (VOC für variants of concern) oder Varianten von Interesse (VOI) eingestuft wurden. 55,8 Prozent der Mutationen stimmen mit Omikron überein. Besonders prominent sind die Mutationen auf dem Spike-Protein. Mit diesen Veränderungen kann das Virus weniger effizient von Antikörpern neutralisiert werden und so leichter in menschliche Zellen eindringen.

Unterdrücktes Immunsystem öffnet dem Virus Tür und Tor

„Mit unserer Krebspatientin haben wir gewissermaßen ein Modell für die Entstehung von Omikron“, bemerkt Prof. Martina Prelog, Immunologin und Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Würzburg. „Denn in diesem außergewöhnlichen Fall konnten wir demonstrieren, dass die Evolution von Mutationen zu bekannten besorgniserregenden Varianten bereits in einem einzelnen Individuum innerhalb von sieben Monaten stattfinden kann.“

Das unterdrückte Immunsystem habe dem Virus Tür und Tor geöffnet, „um neue Varianten zu entwickeln und so seine Fitness zu steigern“, ergänzt die Mikrobiologin Sissy Sonnleitner, von der Universität Innsbruck. Die Studie unterstreiche die Notwendigkeit, allen immungeschwächten Personen weltweit besondere Beachtung zu schenken und Priorität bei der Impfung einzuräumen.

Nun gelte es, die Mutationen zu definieren und herauszufinden, „welchen Trick“ das Virus verfolge, um fit zu bleiben, meinen die beiden Forscherinnen. Das könnte der Entwicklung neuer, angepasster Impfstoffe und Therapeutika für COVID-19 dienen.

Hauptkategorie: Corona
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