Wie leiste ich Erste Hilfe beim epileptischen Anfall?
Jemand fällt plötzlich hin, beginnt zu zucken und zu schreien, wird bewusstlos oder hat Schaum vor dem Mund: Ein epileptischer Anfall sieht für Außenstehende erschreckend aus. Auch wenn er meist nur ein paar wenige Minuten dauert und von selbst wieder aufhört, müssen die Menschen in der Umgebung reagieren. Die wichtigste Maßnahme von Ersthelfern ist: alles aus dem Weg räumen, woran sich der Betroffene selbst verletzen könnte.
Was bei einer Epilepsie im Gehirn passiert
Die eine Epilepsie gibt es nicht. Deshalb wird in der Regel von Epilepsien in der Mehrzahl gesprochen. Es handelt sich um neurologische Erkrankungen mit äußerst vielfältigem Erscheinungsbild. Gemeinsam ist ihnen, dass hier wiederholt epileptische Anfälle auftreten können. „Dabei handelt es sich um Funktionsstörungen des Gehirns, die durch eine vorübergehende gleichzeitige Entladung größerer Verbände von Nervenzellen des Gehirns verursacht werden“, heißt es in einer Patienteninformation der AOK. „Dadurch ist die Kommunikation der Nervenzellen untereinander beeinträchtigt und es kommt zu Störungen von Sprache, Bewegung oder Bewusstsein.“
Besonders viele Fälle von Epilepsie bei Kindern und Alten
Rund 600.000 Menschen in Deutschland leiden daran. Besonders häufig tritt die Erkrankung in den ersten fünf Lebensjahren und ab dem 60. Lebensjahr auf. In höherem Alter können Epilepsien als Folgen anderer Erkrankungen auftreten (Beispiel: Schlaganfall).
Wer ist „Epileptiker“?
„Bis zu 5 Prozent der Menschen haben einmal in ihrem Leben einen epileptischen Anfall, ohne dass diesem weitere folgen – sie haben keine Epilepsie“, heißt es bei der „Deutschen Epilepsievereinigung“ (DE). So kommt es zum Beispiel bei etwa drei Prozent der Kleinkinder zu sogenannten Fieberkrämpfen. Sie können mehrmals im Jahr auftreten. Von Epilepsie spricht die Medizin erst dann, wenn entweder mindestens zwei spontane Anfälle aufgetreten sind oder das Risiko eines weiteren Anfalls nach dem ersten als sehr hoch eingestuft wird. Dies kann beispielsweise bei Auffälligkeiten im Elektroenzephalogramm (EEG) oder Kernspintomogramm (MRT) der Fall sein.
Checkliste: Symptome bei epileptischen Anfällen
- Verlust der Muskelspannung – der Patient fällt plötzlich hin
- Patient schreit
- weite, lichtstarre Pupillen
- 10 bis 30 Sekunden „tonischer“ Krampf (Dauerverkrampfung der Muskulatur)
- später: 1 bis 3 Minuten: „klonischer“ Krampf (Zuckungen)
- Gesicht blass bis bläulich („Zyanose“)
- schneller Puls
- Patient beißt sich auf die Zunge.
- Patient nässt sich ein.
- Patient hat Schaum vor dem Mund.
- Nach dem Krampf ist der benommen und desorientiert und kann sich in der Regel an den Anfall nicht erinnern.
Checkliste: Erste Hilfe bei epileptischen Anfällen
„Der einzelne epileptische Anfall ist kein Notfall, er schädigt das Gehirn nicht und hört von selbst wieder auf“, heißt es in einer Information der Deutschen Epilepsievereinigung für Patienten und Angehörige. „Die Aufgabe der Ersthelfer besteht vor allem darin, bei einem Anfall das Umfeld zu sichern und die Person vor weiteren Verletzungen zu schützen. Hier zwölf Ratschläge für die Erste Hilfe bei epileptischen Anfällen:
- Am wichtigsten ist es, Ruhe zu bewahren.
- Den Kopf schützen, zum Beispiel mit einem Kleidungsstück unter dem Kopf, damit die Person sich nicht selbst verletzt.
- Für eine sichere Umgebung sorgen – alle Gegenstände aus dem unmittelbaren Umfeld entfernen.
- Den Menschen nicht festhalten. Damit steigt nur das Risiko, das die krampfende Person sich oder die Helfenden verletzt.
- Nichts in den Mund stecken (um einen Zungenbiss zu verhindern).
- Bei der Person mit dem epileptischen Anfall bleiben – erst mal nicht weggehen, um Hilfe zu holen.
- Bewusstseinszustand und Vitalfunktionen immer wieder überprüfen (Atmung, Puls)
- Auf die Uhr schauen: Die meisten Anfälle dauern ein bis zwei Minuten und hören von allein auf.
- Hält der Anfall länger an oder krampf die Person wiederholt: 112 anrufen.
- Auch nach dem Anfall bei der Person bleiben. Es kann sein, dass sie desorientiert ist.
- Falls die Person direkt nach dem Anfall einschläft: in die stabile Seitenlage bringen.
- Den Betroffenen nach Möglichkeit mit einer Decke oder Ähnlichem zudecken, um ihn vor Blicken Neugieriger zu schützen.
(Quelle: Deutsche Epilepsievereinigung, Deutsches Rotes Kreuz/DRK)
Epileptischer Anfall: Warum der Notarzt hier erst nach fünf Minuten gerufen werden muss
Auch wenn es nicht so aussieht: In der Regel dauert ein epileptischer Anfall nur wenige Minuten und geht von selbst vorbei. Erst wann er nach fünf Minuten nicht endet, sollte der Notarzt gerufen werden. Der Grund dafür ist: Endet der Anfall nicht nach wenigen Minuten, kann ein „Status epilepticus“ eingetreten sein, der nicht mehr aufhört – und der medikamentös unterbrochen werden muss. „Geschieht das nicht, können bleibende Schädigungen bis hin zum Tod die Folge sein“, so die Deutsche Epilepsievereinigung.
Sonderfall: Epilepsien bei Kindern in Kitas und Schulen
Sind Kinder von dieser Erkrankung betroffen, ist der DE zufolge die Rechtslage eine spezielle: Ist in Kindergarten oder Schule die Gabe eines Notfallmedikaments erforderlich, müssen auch Personen, die normalerweise nicht zur Medikamentengabe verpflichtet sind (Lehrer, Erzieher), Medikamente verabreichen. Andernfalls drohen ihnen Sanktionen wegen unterlassener Hilfeleistung.