
Die Widerspruchslösung ist im Bundestag gescheitert. Die erweiterte Zustimmungslösung hat sich durchgesetzt
Für die Widerspruchslösung wurde am lautesten gekämpft. Nun ist der Entwurf von Gesundheitsminister Spahn im Bundestag klar gescheitert: 379 Abgeordnete stimmten dagegen, 292 Parlamentarier dafür.
Angenommen wurde dagegen die erweiterte Zustimmungslösung - ein Entwurf, den eine Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und die Linke-Vorsitzende Katja Kipping eingebracht hat. Dieser sieht vor, alle Bürger mindestens alle zehn Jahre beim Abholen eines neuen Personalausweises im Bürgeramt auf das Thema Organspende anzusprechen. 382 Parlamentarier stimmten für die Lösung und 261 dagegen. Daher wurde dieser Entwurf in der zweiten Beratung angenommen.
Selbstbestimmungsrecht bleibt gewahrt
Genau wie bei Spahns Entwurf soll es bei der jetzt beschlossenen „Organspendereform“ ein neues zentrales Onlineregister geben, in dem man seinen Willen zur Organspende eintragen kann. Dagegen bleibt das Selbstbestimmungsrecht, aktiv für eine Organspende zu stimmen, gewahrt.
Eine Widerspruchsregelung hätte jeden automatisch zum potenziellen Organspender gemacht, der nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Aus Sicht von Baerbock ein tiefer Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Viele – darunter auch der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats Prof. Peter Dabrock – halten die Widerspruchslösung außerdem nicht mit dem Grundgesetz für vereinbar. So sieht es offenbar auch die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten.
Spahn verteidigte auf Twitter heute indes seinen Entwurf. „Wir haben Kinder, die in der Klinik leben müssen, weil sie auf ein Spenderherz warten. Aus meiner Sicht wiegt das so schwer, dass man den Bürgern die geringe Freiheitseinschränkung zumuten kann, sich mit dem Thema wenigstens beschäftigen zu müssen.“
Ärzteschaft enttäuscht über gescheiterte Widerspruchslösung
Unterstützung bekommt der Bundesgesundheitsminister aus der Ärzteschaft. Der Präsident der Ärztekammer Hamburg Dr. Pedram Emami sprach von einer vertanen Chance: „Ich bedaure sehr, dass die Mitglieder des Deutschen Bundestages sich nicht dazu durchringen konnten, die doppelte Widerspruchslösung einzuführen. Sie haben damit die Chance vertan, einen wichtigen Baustein zur Erhöhung der Spenderzahlen auf europäisches Niveau gesetzlich zu zementieren“, sagte er.
Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt zeigte sich ebenfalls enttäuscht, meinte aber, das heute beschlossene Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft sei trotzdem ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Regelung. „Auch wenn wir uns eine andere Entscheidung gewünscht hätten, werden wir alles daran setzen, dieses Gesetz zu einem Erfolg zu machen“, sagte er. Die regelmäßige Abfrage der Organspendebereitschaft könne dazu beitragen, die Menschen stärker als heute für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren. Sinnvoll sei insbesondere das vorgesehene Online-Register zur schnellen Feststellung der Spendebereitschaft.
Organspendeausweis: Auch ein Widerspruch ist möglich
Bislang haben Bürger die Möglichkeit, ihren Willen auf einem Organspendeausweis zu dokumentieren. Auf der Rückseite kann man zwischen drei Optionen wählen: Ja, ich stimme einer Organentnahme nach meinem Hirntod zu, nein ich stimme dem nicht zu oder ein andere (benannte) Person soll darüber entscheiden.
Dies wissen viele nicht. Ein Organspendeausweis wird gemeinhin mit einer Zustimmung zur Organentnahme gleichgesetzt. Dabei kann man auf dem Ausweis aktiv widersprechen.Und das bleibt auch so.