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WHO erhöht Alarmstufe bei Affenpocken

Sonntag, 24. Juli 2022 – Autor:
Affenpocken sind harmlos, ein Thema nur in Afrika und von Mensch zu Mensch kaum übertragbar – eigentlich. Weil jetzt aber vor allem in Europa die Fälle auffällig steigen, hat die WHO eine „Notlage internationaler Tragweite“ ausgerufen. Zuletzt tat sie das bei Corona.
Affe mit aufgerissenem Maul, umgeben von optisch vergrößerte Viren.

Aktuelle Affenpocken-Bilanz weltweit: 16.000 gemeldete Ansteckungsfälle in 75 Ländern, fünf Todesfälle. In Deutschland gibt es 2.268 Fälle, mehr als die Hälfte davon in Berlin. – Foto: AdobeStock/Natthakit

Eine neuerliche Pandemie ist nicht zu erwarten. Trotzdem hat WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus wegen steigender Affenpocken-Zahlen jetzt eine „gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite“ ausgerufen. Die WHO tut dies selten – zuletzt geschah dies im Frühjahr 2020 wegen des damals noch unbekannten, unkalkulierbaren „neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2“. Was sind die Gründe für die Entscheidung, die Alarmstufe für eine an sich harmlose Viruserkrankung so zu verschärfen?

Galten die Pocken nicht als ausgerottet?

Die Affenpocken sind eine Variante der Menschenpocken, die 1980 für ausgestorben erklärt wurden, und verlaufen deutlich milder als diese. In den meisten Fällen verschwinden die Krankheitszeichen dieser Virusinfektion innerhalb weniger Wochen von selbst. Typische Symptome sind Fieber, Kopfschmerzen und die bläschenförmigen Hautausschläge. Affenpocken werden normalerweise vor allem von Nagetieren auf den Menschen übertragen – und vor allem in Zentral- und Westafrika. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist selten. Das klingt nach einer handhabbaren und auf jeden Fall beherrschbaren Krankheit.

Was die WHO an den Affenpocken-Zahlen beunruhigt

Was die WHO jetzt offenbar beunruhigt, ist der aktuelle Ausbruch in Dutzenden Ländern gleichzeitig – und ein auffällig starker in einer Region, in der Affenpocken nie ein Thema waren: Europa. Ende Mai wurde in München die erste Infektion in Deutschland bestätigt. Nur zwei Tage später gab es den ersten Fall in Berlin. Rund zwei Monate nach dem ersten nachgewiesenen Fall von Affenpocken in Deutschland wurde jetzt die 2.000er-Marke übersprungen. Bis zum vergangenen Freitag (22.07.2022) registrierte das Robert-Koch-Institut 2.268 Affenpockenfälle.

Affenpocken: Bundesweit nur vier Fälle bei Frauen

Die meisten Bundesländer meldeten dem RKI weniger als 100 Fälle, teils sogar weniger als zehn (in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel waren es nur drei). 1237, mehr als die Hälfte aller Fälle in Deutschland, gibt es in einem einzigen Bundesland – Berlin. Mit Ausnahme von vier Frauen bundesweit handelt es sich nach RKI-Angaben bisher bei sämtlichen Erkrankten um Männer.

16.000 gemeldete Fälle in 75 Ländern, ungeklärte Übertragungswege

Weltweit schätze die WHO die Gesundheitsbedrohung durch Affenpocken als moderat ein, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Ghebreyesus in Genf – mit Ausnahme Europas. Dort sei die Gefahr einer weiteren Verbreitung hoch. Es bestehe auch ein deutliches Risiko einer weiteren internationalen Streuung. Der Ausbruch habe sich schnell auf der ganzen Welt verbreitet, durch noch ungeklärte Übertragungswege. Seit Ende Juni habe sich die Zahl der bestätigten Affenpocken-Erkrankungen vervielfacht, sagte der WHO-Chef weiter. „Es gibt jetzt mehr als 16.000 gemeldete Fälle in 75 Ländern und Territorien sowie fünf Todesfälle."

Neue Alarmstufe: Ein Alleingang von WHO-Chef Tedros

Mit seiner Entscheidung setzte sich der WHO-Generaldirektor über ein Votum des Notfallausschusses der Weltgesundheitsorganisation hinweg. Im Juni, bei seiner ersten Dringlichkeitssitzung zum Thema Affenpocken, hatte das Gremium dem Generaldirektor erstmals davon abgeraten, die höchste Alarmstufe auszurufen. Vergangenen Donnerstag, nur wenige Wochen später, tagte der Ausschuss überraschenderweise in derselben Angelegenheit erneut und hielt die Ausrufung der internationalen Notlage erneut für (noch) nicht angezeigt.

„Internationale Notlage“: Erst mal nur ein Appell an Regierungen

Die jetzt erfolgte Ausrufung der internationalen Notlage bringt zunächst keine konkreten Folgen oder Verpflichtungen für die Mitgliedsländer der Weltgesundheitsorganisation mit sich. Jedes Land entscheidet selbst, ob und mit welchen Maßnahmen es auf den Aufruf der WHO reagiert. „Das ist ein Aufruf, tätig zu werden", sagte WHO-Experte Mike Ryan. Die Einstufung soll die Regierungen der Mitgliedsländer dazu bewegen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch einzudämmen. Sie sollen Ärzte und Kliniken sensibilisieren, bei Verdachtsfällen Schutzmaßnahmen treffen und die Bevölkerung aufklären, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen kann.

Affenpocken: Was über die Übertragung bekannt ist

Wie Grundsätzlich kann sich mit dem Affenpockenvirus jeder anstecken, der engen körperlichen Kontakt mit einem Infizierten hat. „Die Übertragungen erfolgen in diesem Ausbruch nach derzeitigen Erkenntnissen in erster Linie im Rahmen von sexuellen Aktivitäten, aktuell insbesondere bei Männern, die sexuelle Kontakte mit anderen Männern haben", schreibt das RKI. Eine Übertragung der Krankheit ist einer aktuellen Studie der Uni Hamburg zufolge auch über kontaminierte Gegenstände oder über Wäsche von Kranken möglich. Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung indes schätzt das RKI derzeit als gering ein.

Hauptkategorie: Medizin
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