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Wer braucht Vitamin D?

Montag, 26. Februar 2018 – Autor:
Vitamin D auf Verdacht einzunehmen, ist nicht sinnvoll. Einen Bedarf haben nur bestimmte Risikogruppen. Das meldet die Stiftung Warentest.
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Vitamin D einzunehmen ist nur für bestimmte Risikogruppen sinnvoll – Foto: gustavofrazao - Fotolia

Vitamin D ist geeignet zur Vorbeugung und Behand­lung von Osteoporose. Doch wer leidet überhaupt an einem Vitamin-D-Mangel? Das wollte die Stiftung Warentest wissen und trug Forschungsergebnisse in ihrem aktuellen "test"-Heft zusammen. Sie empfiehlt die Gabe nur bei bestimmten Risikogruppen. Dazu zählen Erwachsene ab 65 Jahren. In diesem Alter verringert sich die Fähig­keit der Haut, Vitamin D zu bilden, zum Teil um die Hälfte.

Auch wer jünger ist und krank­heits­bedingt nur selten an die frische Luft kommt, kann nach Rück­sprache mit einem Arzt auf Vitamin-D-Präparate zurück­greifen. Auch Babys, die im ersten Lebens­jahr vor direkter Sonne geschützt werden müssen, sollten Vitamin-D-Tabletten nehmen. Das gilt auch für Frauen, die ihren Körper außer­halb ihrer eigenen vier Wände verschleiern und Menschen mit farbiger Haut, die im sonnenärmeren Nord­europa nicht ausreichend Vitamin D bilden

Vitamin D nicht auf Verdacht einnehmen

Grundsätzlich gilt: „Vitamin-D-Präparate sollten nicht auf Verdacht einge­nommen werden. Sie empfehlen sich nur dann, wenn eine unzu­reichende Versorgung durch einen Arzt nachgewiesen wurde“, sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Gesunde, aktive Menschen profitieren kaum von Vitamin-D-Präparaten .

Der Arzt kann den Patienten auf einen Vitamin-D-Mangel testen. Gesetzlich Versicherten wird dieser Bluttest nur bei begründetem Verdacht auf einen Mangel erstattet, etwa bei Osteoporose. Ansonsten müssen Arzt und Patient im Einzel­fall entscheiden, ob der Test sinn­voll ist. Meist tragen die Patienten die Kosten der Unter­suchung von etwa 20 bis 30 Euro selbst. Auch für Vitamin-D-Präparate zahlen Krankenkassen nur in Ausnahmen.

Vitamin D brauchen vor allem Menschen in Pflegeheimen

DGE empfiehlt einen Blutwert von 50 Nanomol pro Liter. Nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) bleiben etwa 60 Prozent der Deutschen darunter. Fast 20 Prozent erreichen nicht einmal 25 Nanomol je Liter. Ein schwerer Mangel (unter 12,5 Nanomol pro Liter) ist sehr selten, aber gefähr­lich – er führt zu Knochenleiden wie Osteomalazie oder Rachitis.

Vor allem Menschen in Pfle­geheimen und Kranke von über 80 Jahren leiden über­durch­schnitt­lich oft an schwerem Vitamin-D-Mangel, aber auch einige Kinder und Jugend­liche. Auch bei etwas höheren Werten als 12,5 Nanomol je Liter ist laut RKI „häufig eine ungüns­tige Wirkung auf den Knochen­stoff­wechsel nach­zuweisen“.

Schätzwerte für angemessene Versorgung

Die Deutsche Gesell­schaft für Ernährung hat Schätz­werte für eine angemessene Vitamin-D-Versorgung veröffent­licht. Die Schätz­werte der DGE für Vitamin D gelten nur unter der Annahme, dass keine körper­eigene Vitamin-D-Bildung statt­gefunden hat: Die übliche Tages­dosis für Säuglinge beträgt 400 bis 500 interna­tionalen Einheiten (I.E.) – das entspricht 10 bis 12,5 Mikrogramm Vitamin D. Die Interna­tionale Einheit ist eine von der WHO fest­gelegte Maßeinheit, die sich an der Wirkung und nicht an der Menge eines Arznei­stoffes orientiert.

Für Kinder ab einem Jahr, Jugend­liche und Erwachsene gilt eine Zufuhr­menge von 800 Interna­tionalen Einheiten. Das entspricht 20 Mikrogramm Vitamin D pro Tag. Eine über­höhte Zufuhr mit Vitamin-D-Präparaten gilt als möglich – bei einer dauer­haften Einnahme von mehr als 100 Mikrogramm am Tag. Über­dosierungen erhöhen den Kalziumspiegel. Anfäng­lich kann das zu vermehrter Urin­ausscheidung, Durst und Übel­keit führen. Im fort­geschrittenen Stadium können Nieren­steine oder Nieren­verkalkungen entstehen. Vergiftungen mit Vitamin D sind laut Robert-Koch-Institut jedoch selten.

Was ist mit höher dosierten Präparaten?

Drogerien, Apotheken und Online-Shops verkaufen hoch dosierte Vitamin-D-Präparate, die 1.000 oder auch 2.000 I.E. enthalten. Bisweilen verordnen Ärzte diese höhere Dosierungen, um bei Patienten einen bestimmten Vitamin-D-Spiegel zu erreichen. Doch laut einer Studie aus dem Jahr 2016 nutzen hohe Vitamin-D-Spiegel durch hoch dosierte Vitamin-D-Präparate älteren Menschen nicht, um die Muskel­arbeit der Beine zu verbessern. Die Studien­ergeb­nisse legen sogar nahe, dass hohe Dosierungen das Sturzrisiko erhöhen könnten. Dazu passt eine US-Studie von 2015, wonach sich die Einnahme hoch dosierter Vitamin-D-Präparate nicht auf Knochendichte, Muskel­kraft und Sturzneigung auswirkt.

Nutzen und Risiken von Vitamin-D-Präparaten

Nutzen Leber und Niere wandeln Vitamin D zu aktivem Vitamin D3 um, das im Körper wie ein Hormon wirkt. Es unterstützt den Körper dabei, Kalzium aus Lebens­mitteln aufzunehmen und härtet so Knochen und Zähne. Es beein­flusst auch die Muskel­kraft positiv, reguliert den Kalzium- und Phosphat­stoff­wechsel und ist an weiteren Stoff­wechsel­vorgängen beteiligt. In Kombination mit Kalzium können die Vitamin-D-Präparate auch vor Knochenbrüchen schützen. Wer viel Milch und Milch­produkte verzehrt, ist über die Ernährung ausreichend mit Kalzium versorgt und benötigt keine zusätzlichen Kalzi­umprä­parate. Für Milchmuffel empfehlen sie sich diese. Vitamin-D-Präparate, auch in Stan­dard­dosierung, können das Risiko für Magen-Darm-Beschwerden und Nieren­steine leicht erhöhen.

Ein regelrechter Mangel an Vitamin D - der in Deutsch­land selten ist - hat negative Folgen. Bei Säuglingen und Klein­kindern kann er zu Rachitis führen: Die Knochen werden nicht genug mineralisiert, bleiben weich, können sich verformen. Auch bei Erwachsenen geht ein Vitamin-D-Mangel auf die Knochen. Er kann dazu beitragen, dass Osteoporose entsteht. Dabei nimmt die Knochendichte ab, das Risiko für Knochenbrüche erhöht sich. In seltenen Fällen löst ein Vitamin-D-Mangel auch die Krankheit Osteomalazie (Knochen­erweichung) mit allgemeinen Skelett­schmerzen aus.

In Deutschland in den Wintermonaten zuwenig Sonneneinstrahlung

Generell gilt: Die Sonnen­einstrahlung in Deutsch­land reicht von Oktober bis März nicht dafür aus, dass die Menschen ausreichend Vitamin D produzieren. Doch es ist nicht so, dass die Haut im Herbst und Winter gar kein Vitamin D produziert. „Der Körper bildet auch etwas Vitamin D, wenn man im Winter mit freiem Gesicht und ohne Hand­schuhe täglich für einige Zeit, etwa 20 bis 30 Minuten spazieren geht“, sagt Prof. Helmut Schatz, Bochum, der Medien­sprecher der Deutschen Gesell­schaft für Endokrinologie, der Lehre von den Hormonen und dem Stoff­wechsel.

Erfreulich: Unter der Früh­jahrs- und Sommersonne lassen sich die Vitamin-D-Speicher leicht auffüllen, denn der Körper speichert das fett­lösliche Vitamin D im Fett- und Muskelgewebe sowie der Leber. Dieser Vorrat reicht normaler­weise, um ohne Mangel­erscheinungen über die dunkle Jahres­zeit zu kommen.

 Laut Robert-Koch-Institut blocken Sonnen­schutz­mittel mit Licht­schutz­faktor 20 rund 95 Prozent der UV-Strahlung ab. Unklar ist allerdings, in welchem Umfang Sonnen­schutz­mittel die körper­eigene Vitamin-D-Produktion verringern. Gesicherte Studien dazu liegen nicht vor. Fest steht, dass dabei individuelle Faktoren eine Rolle spielen wie der Licht­schutz­faktor des Sonnen­schutz­mittels, seine Zusammenset­zung, die aufgetragene Menge, aber auch die Tages­zeit, der Haut­typ und das Alter. Wer sich natürlich – also mit Sonnenlicht – mit Vitamin D versorgt, darf das Haut­krebs­risiko nicht vergessen.

Gesicht, Hände und Arme zwei- bis dreimal die Woche in die Sonne 

Fachgesell­schaften und Behörden haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme darauf geeinigt, dass es genüge, zur Vitamin-D-Bildung Gesicht, Hände und Arme zwei- bis dreimal die Woche unbe­deckt ohne Creme der Sonne auszusetzen – und zwar etwa die „Hälfte der Zeit, in der man sonst unge­schützt einen Sonnenbrand bekommen würde“. Das Problem: Wann dieser Zeit­punkt erreicht ist, lässt sich nur schwer einschätzen. Außerdem können auch kleine Dosen UV-Licht, schon weit vor dem Auftreten von Sonnenbrand, die Erbsubstanz schädigen und so in der Summe Haut­krebs fördern.

Es gilt also abzu­wägen. Gehen Sie so oft wie möglich nach draußen. Doch beob­achten Sie dabei die Sonne: Scheint sie prall und intensiv? Dann sollten Sie auf keinen Fall wegen der Vitamin-D-Produktion auf Sonnen­schutz­mittel verzichten. Das gilt besonders, aber nicht nur für Kinder. Die Haut bildet auch im Schatten, früh morgens oder abends und selbst bei bedecktem Himmel Vitamin D. Wer sich also ohne Sonnen­schutz im Freien aufhalten will, sollte bewusst solche Zeiten und Situationen wählen. Doch Achtung: Auch dann sind Sie nicht gänzlich vor Sonnenbrand gefeit. Entscheidend sind Jahres­zeit, Wetterlage, Höhen­meter, Wasser­nähe, geografischer Breitengrad, Tages­zeit und Haut­typ.

Kann ich Vitamin D über das Essen aufnehmen?

 Mit Lebens­mitteln lässt sich nur ein kleiner Teil des Vitamin-D-Bedarfs decken, etwa 10 bis 20 Prozent. Es gibt nur wenige Lebens­mittel, die nennens­wert viel Vitamin D enthalten. Mit Abstand am meisten davon steckt in fettem Seefisch wie Lachs oder Hering. In deutlich geringerem Maße liefern Leber, Eigelb und einige Pilze wie Pfifferlinge und Champignons Vitamin D. Lagerung und Zubereitung beein­trächtigen Vitamin D nur wenig, etwa um 10 Prozent.

Es ist niemals sinn­voll, ins Solarium zu gehen und schon gar nicht, um die Vitamin-D-Produktion anzu­kurbeln. Solarien­besuche erhöhen nach Einschät­zung des Bundes­instituts für Strahlen­schutz das Haut­krebs­risiko. Für Kinder und Jugend­liche ist es verboten, die Sonnenbänke zu nutzen.

Foto: harunyigit/fotolia.com

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