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Wenn Erwachsene essen: Frühkindliche Ernährungsmuster bestimmen mit

Mittwoch, 19. Februar 2020 – Autor:
Echter Hunger, Lustessen, Frustessen: Wie wir essen, was und wann, hängt stark mit Erlebnissen im Kleinstkindalter zusammen – und sogar schon mit der Zeit im Mutterleib während der Schwangerschaft. Erwachsene können der „Prägungsfalle“ aber auch noch mit 30, 40 oder 50 entkommen. Und Eltern können ihre Kinder davor schützen.
Kleines Kind isst Karottenbrei.

Prägende Zeit: In der frühesten Kindheit werden Muster für das Essverhalten im ganzen Leben angelegt. – Foto: ©Ermolaev Alexandr - stock.adobe.com

Jeder dritte Deutsche nimmt sich zum Jahresbeginn vor, diesmal wirklich bis zum Sommer die Strandfigur zu haben. Doch die Erfahrung zeigt: Die Allermeisten erreichen dieses Ziel nicht. Der Zweikampf zwischen der Lust im Bauch und der  Vernunft im Kopf endet oft eins zu null. Wir erliegen den Verlockungen und fühlen uns wie von Geisterhand ferngesteuert wie Marionettenpuppen. Die Folge: Mehr als die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland (53 Prozent) waren laut Statistischem Bundesamt 2017 übergewichtig. Als übergewichtig gelten Menschen mit einem Body-Mass-Index von über 25. Aber wie kann das sein – bei erwachsenen Menschen?

„Prägungsfalle“: Die ersten 1.000 Tage entscheiden

Falsche Ernährungsmuster aus der frühesten Kindheit prägen ganz stark unser Essverhalten: Diese These vertritt der Ernährungsmediziner und Sachbuchautor Matthias Riedl und spricht von einer regelrechten „Prägungsfalle“. Entscheidend für das Essverhalten im späteren Leben sind nach Riedls Einschätzung die ersten 1.000 Tage im Leben. „Ein Blick auf das, was uns evolutionär, in frühester Kindheit, aber auch später prägt, ist unverzichtbar“, sagt Riedl. „Denn der Ernährungs- und Lebensstil beider Elternteile bestimmt maßgeblich, wie sich das Kind später entwickelt – und zwar beginnend mit der Schwangerschaft bis zum Ende der ersten beiden Lebensjahre.“ In dieser Zeit entstünden mit dem sich entwickelnden Gehirn Ernährungsvorlieben, die Mechanismen von Hunger, Sättigung und Geschmack und der Einfluss von Glückshormonen bei der oralen Nahrungszufuhr.

Positive „Umprogrammierung“ auch noch mit 50 möglich

Auch wenn das Ernährung viel mit uns macht und wir uns immer wieder machtlos vorkommen, sieht Ernährungsmediziner Riedl zwei Wege, um ins Handeln zu kommen und den archaischen Mustern ihre Macht zu entreißen: Im Umgang mit uns selbst – und in Verantwortung für die eigenen Kinder. Noch im Erwachsenenalter sei eine Umprägung auf ein gesundes, schlankes Leben realistisch, sagt Riedl – auch noch mit 30, 40 oder 50 Jahren. Wichtige Schritte auf dem Weg zum Ziel, mit Genuss gesund und schlank zu bleiben: die eigenen Prägung verstehen, die persönlichen Verhaltenssüchte entlarven, echten Hunger von Lustessen zu unterscheiden und die persönlichen Essgewohnheiten auf „gesund“ umprogrammieren.

Gute Prägung: Weniger Diabetes oder Rheuma

Besonders Eltern können etwas tun, um in den entscheidenden ersten zwei Lebensjahren zu einer positiven Prägung ihrer Kinder beizutragen und damit den Grundstein für ein möglichst gesundes Leben zu legen. „Wenn Eltern alle Möglichkeiten nutzen, um ihr Kind auf ‚gesund‘ zu prägen, lebt dieses sehr wahrscheinlich nicht nur länger, sondern geht auch fitter durchs Leben ohne lästige Beschwerden wie Diabetes oder Rheuma", sagt Riedl, der auch Ärztlicher Leiter des Medicums Hamburg ist, eines Zentrums für Diabetologie.

Ernährungsprägung bei Kindern: Sieben Ratschläge für Eltern

  • Ernähren Sie Ihr Kind artgerecht.
  • Seien Sie Vorbild.
  • „Verkaufen“ Sie gute Lebensmittel clever.
  • Machen Sie Ungesundes unzugänglich.
  • Schaffen Sie nützliche Rituale.
  • Koppeln Sie Essen nicht aktiv an Gefühle.
  • Lehren Sie zu genießen.

(Quelle: Matthias Riedl/Gräfe & Unzer)

Foto: AdobeStock/Ermolaev Alexandr

Hauptkategorie: Medizin
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