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Wenn der Rollstuhl das Auto kommandiert

Freitag, 14. September 2012 – Autor:
Im Alter mobil bleiben, fällt vielen Menschen schwer. Forscher von der TU-München wollen jetzt verschiedene Fortbewegungsmittel miteinander vernetzen. Annette Schavan hat bereits eine Förderung zugesagt.
Wie kommt ein Rollstuhlfahrer ins Auto?

Wie kommt ein Rollstuhlfahrer ins Auto?

Wie komme ich vom Rollstuhl in mein Auto? Wie soll ich mit meinem Rollator zur Bushaltestelle am anderen Ende des Dorfes gelangen? Sollte ich mich angesichts meiner Blutdruckwerte überhaupt auf die Treppe zur Haustür wagen? Für Menschen, die sich nur noch eingeschränkt bewegen können, stellen sich solche Fragen täglich. Aus Unsicherheit schrecken sie im Zweifel davor zurück, ihre Wohnung zu verlassen. Zwar gibt es inzwischen eine Menge Erleichterungen vom Treppenlift bis zum barrierefreien Einstieg in öffentliche Verkehrsmittel. Doch mobil zu bleiben, scheitert oft daran, dass ein problemloser Wechsel vom einen Fortbewegungsmittel zum anderen nicht möglich ist.

Diese Lücken soll das Projekt "Personalisierte Mobilität, Assistenz und Service Systeme in einer alternden Gesellschaft (PASSAge)" nun schliessen. "Mit der neuen sozio-technischen Infrastruktur wollen wir eine nahtlose Mobilitätskette schaffen, um ein selbstständiges Leben bis ins hohe Alter zu ermöglichen", sagt Projektkoordinator Prof. Thomas Bock vom TUM-Lehrstuhl für Baurealisierung und Baurobotik.

PASSAge ist ein Beitrag zur Demografiestrategie der Bundesregierung

Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 3,9 Millionen Euro. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung übernimmt nach eigenen Angaben 3,4 Millionen davon. " Wir wollen alten und behinderten Menschen die Möglichkeit geben, eigenständig mobil zu sein - dazu brauchen wir innovative Produkte und Dienstleistungen", sagte Forschungsministerin Schavan am 15. August. Neben der TU München sind auch mehrere Industrieunternehmen an PASSAge beteiligt.

Im Mittelpunkt des Projekts steht eine Flotte von Kleinstwagen, die mit verschiedenen Funktionen auf hilfsbedürftige Nutzer eingestellt ist. "Ein Rollstuhlfahrer könnte zum Beispiel in seinem Stuhl vom Auto aufgenommen werden", erklärt Bock. "Der Rollstuhl würde dann im Wagen arretiert werden, der Fahrer müsste gar nicht aufstehen." Da eine Umrüstung des eigenen Autos sehr teuer wäre, planen die Forscher ein Car-Sharing-System. Auch der Rollstuhl selbst könnte flexibler werden, indem er etwa im Supermarkt die Sitzhöhe den Regalen anpasst.

Zudem wollen die Forscher die Mobilität im Alter erleichtern, indem sie die einzelnen Fortbewegungsmittel untereinander und mit neuen Assistenzmodulen der Wohnung vernetzen. "Vom Rollator aus könnte man dann die Auto- und die Haustür öffnen lassen oder einzelne Möbel steuern, wie beispielsweise höhenverstellbare Schränke", sagt Prof. Matthias Kranz vom TUM-Fachgebiet Verteilte Multimodale Informationsverarbeitung. "Bedienen können die Nutzer diese Funktionen über ein Smartphone, das als Zentrale mit allen Elementen des Systems in Verbindung steht, Daten austauscht und verarbeitet."

Das Healthphone ist immer dabei

Das Smartphone soll gleichzeitig zum "Healthphone" werden. In den verschiedenen Hilfsmitteln und Fahrzeugen wollen die Forscher Biosensoren installieren, die Gesundheitsdaten wie Blutdruck, Blutzucker oder Atemfrequenz messen und langfristig auswerten. "Wichtig ist, dass die Menschen so die Sicherheit bekommen, dass ihre Gesundheit nicht in Gefahr ist, wenn sie sich auf den Weg machen", sagt Prof. Martin Halle vom TUM-Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin.

Sollten sie unterwegs doch einmal Hilfe brauchen oder registriert das System bedrohliche Werte, soll über das Healthphone ein Notfalldienst verständigt werden. Dieser könnte auch dann einspringen, falls die Einkaufstüten zu schwer geworden sind oder wenn man im S-Bahnnetz die Orientierung verloren hat.

Foto: Albrecht E. Arnold/pixelio

Hauptkategorie: Demografischer Wandel
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