Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Wegen Covid-19 im Krankenhaus: Über 50 Prozent der Pflegeheimbewohner überleben das nicht

Donnerstag, 24. März 2022 – Autor:
Bewohner von Pflegeheimen zählen zu den durch Covid-19 besonders gefährdeten „vulnerablen“ Gruppen. Wie sehr das der Fall ist, zeigt eine Studie der Berliner Charité und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Müssen Heimbewohner wegen Covid-19 ins Krankenhaus, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sie das nicht lebend durchstehen, bei deutlich über 50 Prozent.
Coronamaske, darauf ein oranges Teelicht, das brennt.

Die Mehrheit der Pflegeheimbewohner, die wegen Covid-19 ins Krankenhaus müssen, kehrt einer aktuellen Studie zufolge nicht zurück. – Foto: AdobeStock/Andreas Gruhl

Alte und Pflegebedürftige in Heimen gehören zu den klareren „Verlierern“ der Corona-Pandemie. So hart formulieren es Wissenschaftler, die die Sterberate von Pflegeheimbewohnern untersucht haben, die aufgrund von Covid-19 zur Behandlung ins Krankenhaus mussten. Das Ergebnis der jetzt im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Auswertung von Abrechnungsdaten zeigt: 58 Prozent der stationär aufgenommenen alten Patienten überlebten im Schnitt die folgenden 90 Tage nicht.

Zweite Corona-Welle: Sterberisiko am größten

Am größten war das Sterberisiko der Studie zufolge während der zweiten Infektionswelle der Corona-Pandemie. Hier betrug es 59 Prozent. In der ersten und dritten Welle lag es mit 53 Prozent beziehungsweise 52 Prozent etwas niedriger. Für die Untersuchung wurden Abrechnungsdaten von im Pflegeheim lebenden AOK-versicherten Pflegebedürftigen ausgewertet – in einem gemeinsamen Projekt des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Berliner Charité.

Diese Vor-Erkrankungen erhöhten das Sterberisiko im Krankenhaus

Das Risiko zu sterben, war der Expertise zufolge bei Männern größer als bei Frauen. Ein besonders hohes Sterberisiko hatten demnach Bewohner mit den folgenden Vorerkrankungen oder Therapien:

  • Niereninsuffizienz
  • Demenz
  • Blutkrebs-Erkrankungen
  • immunsuppressive Therapien
  • vorausgegangene Organtransplantation.

Sterberate bei „gesunden“ Heimbewohnern ums Vierfache niedriger

Da Pflegeheimbewohner am Ende ihres Lebens stehen und im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ohnehin ein erhöhtes Sterberisiko aufweisen, verglichen die Forscher die Gruppe der ins Krankenhaus Eingelieferten mit Stichproben aus Pflegeheimbewohnern ohne Covid-19-assoziierten Krankenhausaufenthalt. Das Ergebnis: Bei den Heimbewohnern, die gesund blieben, lag die Rate der Verstorbenen bei unter 10 Prozent.

Projektleiterin Kuhlmey: „Alte sind Verlierer der Pandemie“

Die Leiterin des Forschungsprojekts an der Berliner Charité, Adelheid Kuhlmey, fand deutliche Worte für das Ergebnis der jetzt vorgelegten Studie.  „Die Pandemie hat viele Verliererinnen und Verlierer“, sagte Kuhlmey. „Die Auswertung belegt erneut, dass zu ihnen insbesondere die Alten und Pflegebedürftigen in den Heimen zählen. Es ist ein ethischer Auftrag, aus den Ergebnissen Lehren für die zukünftige Ausgestaltung der Versorgung in den Pflegeeinrichtungen zu ziehen.“

Hohe Sterberate: Wissenschaftler betonen Bedeutung einer Impfpflicht in Gesundheitseinrichtungen

Ähnlich deutlich äußerte sich Antje Schwinger, Projektleiterin auf Seiten des WIdO. Die Ergebnisse belegten eindrucksvoll, wie gefährdet und vulnerabel die Bewohner von Pflegeeinrichtungen in der Pandemie seien. „Der Schutz dieser Menschen durch Impfungen bleibt besonders wichtig", sagt Pflegeforscherin Schwinger. „Vor diesem Hintergrund erscheinen die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und die neuen Maßnahmen zur Erfassung des Impfstatus in den Pflegeeinrichtungen mehr als plausibel.“

In die jetzt vorgelegte Auswertung sind nach Angaben des WIdO 13.899 Covid-19-bedingte Krankenhausfälle eingeflossen. Dies entspricht 64 Prozent der insgesamt an das Robert Koch-Institut übermittelten hospitalisierten Covid-19-Fälle aus Pflegeeinrichtungen. Basis der Analyse waren die Abrechnungsdaten von über 440.000 AOK-versicherten Pflegebedürftigen ab 60 Jahren. Für den Vergleich mit den Sterbequoten der Vorjahre 2015 bis 2019 wurden die Daten von insgesamt 1.070.000 Personen ausgewertet.

Hauptkategorie: Corona
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Demografie , Alter , Infektionskrankheiten , Coronavirus , Pflege , Stationäre Pflege

Weitere Nachrichten zum Thema „Covid-19-Folgen“

12.03.2022

Eine Befragung von Personen, die sich mit dem Coronavirus angesteckt hatten, zeigt: Fast jeder zweite ambulante Patient berichtet über Langzeitfolgen wie Erschöpfung oder Konzentrationsschwierigkeiten. Bei hospitalisierten Patienten treten Long-Covid Symptome noch häufiger auf.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin