
Offenbar kann die Sehleistung auch bei fortgeschrittenem Glaukom noch verbessert werden – Foto: georgerudy - Fotolia
Unter einem Glaukom („Grüner Star“) versteht man eine Gruppe von Augenerkrankungen, die den Sehnerv schädigen und auf Dauer das Sehvermögen einschränken. Die häufigste Ursache für ein Glaukom ist ein erhöhter Augeninnendruck, doch es gibt auch andere Mechanismen. Das Problem: Meistens bleibt die Erkrankung über einen längeren Zeitraum unbemerkt, und ohne Behandlung droht im schlimmsten Fall die Erblindung. Zudem schien es bisher so, dass bereits eingetretene Schäden durch ein Glaukom nicht rückgängig gemacht werden können. Doch eine Studie konnte nun zeigen, dass eine Wechselstromtherapie dazu beitragen kann, die Sehleistung der Betroffenen wieder zu verbessern.
Sehfähigkeit bei Glaukom nachweislich verbessert
Dass eine Wechselstromtherapie das Sehvermögen bei Glaukom verbessern kann, wird schon länger vermutet. Die Theorie dahinter: Die Stromreize regen die Nerven im Sehzentrum an und unterstützen das Gehirn, die ankommenden Sehreize besser zu interpretieren. Um die Wirksamkeit der Therapie zu überprüfen, wurde nun eine Studie durchgeführt. Dafür wurden die Patienten an zehn Tagen für jeweils 50 Minuten einer Wechselstromstimulation oder einer Placebobehandlung unterzogen.
Es zeigte sich, dass die mit Wechselstrom behandelten Patienten signifikant größere Verbesserungen (24 Prozent) in der Erkennung von Sehreizen aufwiesen als die Probanden in der Vergleichsgruppe (2,5 Prozent). Der Nutzen der Stimulation war auch zwei Monate nach der Behandlung stabil. „Die Wechselstrombehandlung ist ein sicheres und wirksames Mittel zur Wiederherstellung von Sehleistungen nach Schädigung des Sehnervs über eine Beeinflussung der Hirnplastizität und Reorganisation von Hirnnetzwerken. Es ist der weltweit erste Nachweis in einer groß angelegten Studie mittels geringer elektrischer Ströme klinisch messbare Verbesserungen der Sehfähigkeit zu erreichen“, kommentierte der wissenschaftliche Leiter der Studie, Professor Bernhard A. Sabel, Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
Wechselstrom regt die Plastizität des Gehirns an
Die Wechselstromtherapie trägt offenbar dazu bei, die Ganglien der Netzhaut zu trainieren. Gleichzeitig sorgen die Stromreize dafür, dass die für das Sehen zuständigen Hirnbereiche ihre Aktivität besser koordinieren. EEG-Messungen ergaben, dass die Hirnströme der Patienten in diesen Arealen nach der Therapie synchroner waren.
Zusammen tragen diese Effekte dazu bei, die Restsicht der Patienten zu reaktivieren und zu stärken, so die Forscher. Die Plastizität des Gehirns sorgt dafür, dass zuvor brachliegende neuronale Ressourcen wieder vermehrt und effektiver genutzt werden.
Die Wechselstromtherapie erwies sich zudem als nebenwirkungsarm. Nur in wenigen Fällen wurden vorübergehender, leichter Schwindel oder Kopfschmerzen erwähnt. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Verlust der Sehkraft, der lange als irreversibel galt, teilweise reversibel ist“, so Sabel. Für Patienten mit Glaukom bedeute dies einen echten Hoffnungsschimmer.
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