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Warum Rotwein doch Migräne auslösen kann

Mittwoch, 10. April 2019 – Autor:
Forscher haben jetzt herausgefunden, dass Rotwein als Migräne-Trigger überschätzt wird. Doch Migräne-Patienten sollten lieber auf ihren Bauch als auf die neuen Studienergebnisse hören. Denn Alkohol, und insbesondere Rotwein, kann sehr wohl eine Migräneattacke auslösen.
Rotwein und Migräne

Rotwein und Migräne: Forscher zweifeln den Zusammenhang an, Neurologen widersprechen

Migräne-Patienten wissen es: Alkohol ist ein Migräne-Trigger. Insbesondere Rotwein kann eine Migräneattacke auslösen. Wissenschaftler vermuten, dass bestimmte, in Rotwein enthaltene Inhaltsstoffe wie Histamin, Tyramin oder Phenylethylamin diesen Effekt verursachen können. Außerdem weitet Alkohol die Gefäße. Eine Gefäßerweiterung ist auch Ursache von Migräne assoziierten Kopfschmerzen, wenn auch nicht die alleinige. So spielen außerdem Entzündungsprozesse und eine Überempfindlichkeit der Nerven eine Rolle. Migräne ist also ein komplexes Geschehen. Genauso facettenreich können die Auslöser sein.

Migräne hat verschiedene Auslöser

Stress, Änderungen des Schlaf-Wachrhythmus, Wetterumschwünge oder zyklusbedingte hormonelle Veränderungen bei Frauen sind häufige Migräne-Trigger. Lärm, Reizüberflutung oder bestimmte Gerüche können ebenfalls Migräneanfälle auslösen. Ebenso kann die Ernährung hineinspielen: Bei einigen der Betroffenen können die Kopfschmerzen durch das Auslassen von Mahlzeiten, bei andere durch bestimmte Lebensmittel wie Schokolade oder Alkohol provoziert werden. Wobei dies nicht immer der Fall sein muss. Wird heute das Glas Wein gut vertragen, kann es morgen den nächsten Migräne-Anfall triggern.

Migräne-Studie untersucht den Effekt von Alkohol

Forscher aus den Niederlanden haben nun den Stellenwert von Alkohol als Auslöser von Migräneattacken untersucht. 2.197 Patienten wurden webbasiert zu ihrem Trinkverhalten und den Triggern, die bei ihnen die Kopfschmerzattacken auslösen, befragt. Die Befragten waren Teilnehmer des „Leiden University MIgraine Neuro-Analysis“ (LUMINA)-Projektes im Alter von 18 bis 80 Jahren, die unter Migräne gemäß der internationalen medizinischen Klassifikation ICHD-3 leiden.

Über die Hälfte der Befragten (1.547) gaben an, Alkohol zu trinken. Dabei erklärten 783 Patienten (35,6%), dass Alkohol bei ihnen Kopfschmerzattacken auslöst. Unter den 1.547 Befragten, die gelegentlich Alkohol trinken, war der Anteil sogar noch höher: In dieser Gruppe gaben 42,5% an, dass Alkohol bei ihnen ein Migräne-Trigger sei. Diese Patienten, bei denen der Konsum von Alkohol Migräneanfälle auslöst, hatten im Vergleich zu den anderen einen geringeren Body-Mass-Index (BMI), litten häufiger unter Migräne ohne Aura-Symptome, hatten mehr Migräneattacken pro Jahr und mehr „Migränetage“.

Rotwein triggert am häufigsten Migräne

Weiter wurde gefragt, welche alkoholischen Getränke besonders oft zu Migräneattacken führen. Am häufigsten wurde Wein, insbesondere Rotwein, genannt. Die Befragten gaben an, dass bereits zwei Gläser Rotwein ausreichen, um einen Migräneanfall zu provozieren.

Allerdings berichteten nur 8,8 Prozent der Befragten, dass Rotwein bei ihnen immer und ausnahmslos zu Migräneanfällen führt. Die Studienautoren zweifeln daher an, dass Alkohol/Rotwein ein eigenständiger Migräne-Trigger ist. Da Migräne das Konsumverhalten von Alkohol verändere, sei zu diskutieren, ob Alkohol ein echter oder nur ein „gefühlter“ Auslöser von Migräneattacken sei, schreiben die Wissenschaftler im „European Journal of Neurology“.

Auf potenzielle Auslöser verzichten

Die Studie hat darum in Fachkreisen für viel Aufsehen gesorgt. Nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) sollten die Studienergebnisse auf keinen Fall so interpretiert werden, dass Migränepatienten ruhig Rotwein trinken sollten. “Alkohol, insbesondere Rotwein, bleibt ein Migräne-Trigger, nicht geklärt ist nur, wie groß sein Einfluss tatsächlich ist“, sagt DGN-Pressesprecher Prof. Hans-Christoph Diener. Migränepatienten seien immer gut beraten, jeden vermeidbaren Auslöser einer Migräneattacke zu vermeiden.

„Selten ist nur ein einziger Trigger für den Ausbruch eines Migräneanfalls verantwortlich, meist kommen mehrere Auslöser zusammen“, meint Diener. Rotwein könne man leicht umgehen, andere Migräneauslöser, wie etwa Hormonschwankungen oder Wetterumschwünge, aber nicht. „Deswegen ist es klug, auf vermeidbare Auslöser zu verzichten, um das Risiko für das Auftreten von Migräneattacken geringer zu halten.“

Die Studie: Onderwater GLJ, van Oosterhout WPJ, Schoonman GG et al. Alcoholic beverages as trigger factor and the effect on alcohol consumption behavior in patients with migraine. Eur J Neurol. 2019 Apr;26(4):588-595

Foto: © karelnoppe - Fotolia.com

Hauptkategorien: Medizin , Prävention und Reha
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