Überschüssiges Fettgewebe, über das die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland verfügt, ist kein ästhetisches Problem, sondern ein Risiko für die Gesundheit. Die Fettzellen setzen vor allem im Bauch-Bereich Botenstoffe und Hormone frei, die eine schwelende Entzündung hervorrufen, und zwar sowohl lokal als auch systemisch.
Wie solche Entzündungsprozesse entstehen, warum sie langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen und welche neuen therapeutischen Ansätze es gibt, ist Thema auf dem 63. Deutschen Kongress für Endokrinologie in Gießen.
Phasen des Nahrungsmangels gibt es nicht mehr
Das Fettgewebe ist für den Menschen ein nützlicher Energiespeicher. "Die dort gelagerten Fettsäuren sichern das Überleben in Zeiten, in denen es wenig zu essen gibt", erklärt Prof. Andreas Schäffler, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Da es diese Phasen eines Nahrungsmangels nicht mehr gibt, kommt es bei den meisten Erwachsenen im Verlauf des Lebens zu einer allmählichen Gewichtszunahme, insbesondere des metabolisch ungünstigen Fettgewebes im Bauchraum (viszerales Fettgewebe).
In Deutschland hat mittlerweile mehr als die Hälfte der Bevölkerung einen Body-Mass-Index (BMI) von über 25 kg/m2 und gilt deshalb als übergewichtig. Einer von sechs ist mit einem BMI von über 30 sogar fettleibig oder adipös.
Warum Bauchfett so gefährlich ist
"Normalgewicht ist in Deutschland nicht mehr der Normalfall", sagt Schäffler, Tagungspräsident des diesjährigen Hormonkongresses in Gießen. Nicht wenige übergewichtige Menschen erkranken im Verlauf des Lebens auch an einem Typ-2-Diabetes. In Deutschland ist dies mittlerweile fast jeder zehnte Erwachsene.
Warum Bauch-Fett so gefährlich ist: Die Fettzellen produzieren eine Reihe von Hormonen und greifen damit aktiv in den Stoffwechsel ein. Bei übergewichtigen und adipösen Menschen kommt es dabei zu einer Entzündungsreaktion. "Bei einer Blutuntersuchung beim Hausarzt zeigt sich dies in einem Anstieg des C-reaktiven Proteins", erläutert Schäffler. In einem detaillierten Laborbericht sei meist auch die Konzentration von Interleukin-1 und -6, dem Tumornekrosefaktor und Leptin erhöht.
Häufiger Herzinfarkte und Schlaganfälle
Hormonexperten bezeichnen diese durch den Stoffwechsel (Metabolismus) ausgelöste Entzündung (Inflammation) als Metaflammation. In diesem Kontext entzündet sich auch lokal das Fettgewebe im Bauchraum (Adipoflammation), was das Stoffwechselrisiko unmittelbar erhöht.
"Die Folgen sind mittlerweile gut untersucht", sagt Schäffler. "Langzeitstudien zeigen, dass Menschen mit einem erhöhten C-reaktiven Protein häufiger Herzinfarkte oder Schlaganfälle erleiden. Die Blutgefäße verkalken auch dann, wenn die Cholesterinwerte normal sind." Die Entzündungsreaktion ist dem Experten zufolge auch an der Entwicklung des Typ-2-Diabetes beteiligt.
Therapie: Diät oder Magenverkleinerung
Es gibt noch kein geeignetes Medikament, dass Menschen mit Adipositas oder Typ-2-Diabetes vor den Auswirkungen der Metaflammation schützt, sagt Weber. Für die Betroffenen bleibt allerdings die Möglichkeit, durch eine Diät das Fettgewebe abzubauen oder sich einer Operation mit Magenverkleinerung oder Darmverkürzung zu unterziehen.
Beide Wege sind laut Weber vielversprechend: "Die Entzündungsreaktion im Körper geht zurück, der Patient nimmt ab und häufig verschwindet auch der Diabetes. Die Natur des Menschen führt jedoch dazu, dass die Mehrzahl der Betroffenen stattdessen lieber ein Medikament einnehmen würden."
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