Wann Subjektive Gedächtnisstörungen auf Alzheimer hinweisen

Subjektive Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit sind beunruhigend – doch allein noch kein Warnzeichen für Demenz oder Alzheimer – Foto: Foto: © Adobe Stock/ Roger ashford
Mit subjektiven kognitiven Beeinträchtigungen machen viele Menschen Erfahrung. Man wird vergesslicher, findet nicht mehr das richtige Wort oder die Aufmerksamkeitsspanne wird kleiner. Besonders ältere Menschen kennen das Gefühl, dass der Kopf nachlässt. Wenn Ärzte dann mit objektiven Testverfahren keine Minderung der geistigen Leistungsfähigkeit feststellen können, spricht man in der Medizin von „subjektiven kognitiven Beeinträchtigung“. Die Abkürzung SCD ist aus dem englischen Fachausdruck „Subjective Cognitive Decline“ abgeleitet.
Subjektiv kognitiven Beeinträchtigungen bedeuten noch nichts
Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) sind dem Phänomen nun nachgegangen. Demnach kommt es bei vielen Menschen mit subjektiven kognitiven Beeinträchtigungen zu keinem fortschreitenden Verlust der kognitiven Leistung. Das ist die beruhigende Nachricht. „SCD ist ein Risikofaktor, allerdings kein eindeutiges Warnsignal für eine spätere Demenz“, sagt DZNE-Forscher Prof. Frank Jessen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und an der Uniklinik Köln.
Studie untersucht das Zusammenspiel mit Eiweißen im Nervenwasser
Doch die Forschenden haben noch etwas anderes herausgefunden. Es geht um Eiweißablagerungen im Gehirn, sogenannte Plaques. „Gibt es zusätzlich zu SCD auch Belege dafür, dass sich im Gehirn bestimmte Eiweißstoffe ansammeln, dann ist das zusammengenommen ein starkes Verdachtsmoment für eine sich entwickelnde Alzheimer-Erkrankung“, berichtet Jessen.
In einer Studie hatten die DZNE-Forscher 400 Personen mit subjektiven kognitiven Beeinträchtigungen zu Studienbeginn und etwa 300 Personen mit messbaren kognitiven Beeinträchtigungen – bis hin zu Symptomen einer Demenz aufgrund einer Alzheimer-Erkrankung untersucht. Als Kontrollgruppe dienten mehr als 200 Erwachsene, deren kognitive Leistung im normalen Bereich lag und die zu Beginn der Studie keine SCD aufwiesen. Die Studienteilnehmer waren im Schnitt rund 70 Jahre alt.
Den Studienteilnehmern wurde unter anderem Nervenwasser entnommen, um den Eiweißstoff Beta-Amyloid zu messen. Das Protein sammelt sich im Zuge einer Alzheimer-Erkrankung im Gehirn an. Dem Bericht nach lag das Beta-Amyloid bei 83 Probanden mit SCD und 25 Personen aus der Kontrollgruppe über dem Schwellenwert, das heißt diese Personen waren Amyloid-positiv.
Die Kombination aus SCD und Beta-Amyloid ist problematisch
„Die Ablagerung von Beta-Amyloid ist ebenso wie SCD ein Risikofaktor für Alzheimer. Für sich betrachtet sind beide Phänomene allerdings kein eindeutiger Indikator für eine Erkrankung. Doch das Bild schärft sich, das belegt unsere Studie, wenn man diese Phänomene zusammen und über längere Dauer betrachtet“, so Jessen.
Messbare kognitive Defizite während des Studienzeitraums entwickelten vor allem Studienteilnehmer, die sowohl über subjektive kognitive Beeinträchtigungen klagten als auch Amyloid-positiv waren. Die betroffenen wiesen im MRT auch einen kleineren Hippocampus auf, was ein Hinweis für den Verlust von Hirnmasse ist.
„Zählt man alle Befunde zusammen, inklusive der Daten jener Probanden, die bereits zu Studienbeginn messbare kognitive Defizite aufwiesen, dann sehen wir die Kombination von SCD und Amyloid-positiv-Status als starken Indikator für eine Alzheimer-Erkrankung im Frühstadium“, so Jessen. Die Kombination entspreche in etwa dem Stadium 2, das ist die Zeit, bevor erstmals messbare Symptome der Alzheimer-Erkrankung auftreten.
Die Ergebnisse der Studie “Subjective cognitive decline and stage 2 of Alzheimer’s disease in patients from memory centers” sind im Fachblatt Alzheimer’s & Dementia erschienen.