Verband stellt Gutachten zu Arzneimittelengpässen vor
Donnerstag, 26. März 2015
– Autor:
Cornelia Wanke
Woran liegt es, dass manche Generika plötzlich nicht mehr lieferbar sind – und wie kann das behoben werden? Wie gehen andere Länder mit Arzneimittelengpässen um? Dazu hat der Verband Pro Generika kürzlich ein Gutachten vorgestellt.
Ausverkaufte Arzneimittel? In Deutschland kommt das selten vor!
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„Best-Practice-Ansätze bei Arzneimittelengpässen im internationalen Vergleich“ heißt das Gutachten, das von IMS Health erstellt wurde und Antworten auf die genannten Fragen liefern soll. Es analysiert die Gründe für Arzneimittelengpässe und untersucht Ansätze in sieben ausgewählten Ländern im Umgang damit. Ein besonderer Fokus lag deshalb dabei auf Generika, die für die Versorgungssicherheit nicht nur in Deutschland von besonderer Bedeutung sind.
„In unserer Analyse haben wir neben Deutschland die USA, Kanada, Frankreich, die Schweiz, Finnland, die Niederlande und Großbritannien einbezogen. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass Engpässe bei Arzneimitteln in diesen Ländern ebenfalls ein Thema sind, Generika eine große Rolle für die Versorgung spielen bzw. - wie im Fall der USA - die dortigen Regelungen zum Umgang mit Engpässen in der öffentlichen Diskussion immer wieder aufgegriffen wurden“, erklärt Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe, von IMS in einer Pressemitteilung zur Vorstellung des Gutachtens. Außer Marktexperten in den jeweiligen Ländern seien deshalb auch Experten aus Apotheken, Unternehmen, Zulassungsbehörden und Kliniken einbezogen worden.
Arzneimittelengpässe können qualitätsinduziert sein – oder aus einer Nachfragesteigerung resultieren
Die Analyse zeigt nach Auffassung der Autoren, dass die Ursachen für Engpässe zwar ganz unterschiedlich sind, dass sich diese aber klassifizieren lassen. So ließen sich herstellungsbedingte Engpässe, die etwas mit der Qualitätssicherung zu tun haben, von nachfragebedingten Engpässen unterscheiden, denen meist ein nicht planbarer Anstieg der Nachfrage zugrunde liegt.
Die Autoren bekennen, dass die zur Verfügung stehenden Instrumente zur Bekämpfung von Engpässen begrenzt sind. „Zudem wurde deutlich, dass obgleich eine Reihe von Maßnahmen – wie etwa öffentliche Engpassregister, Erstellung von Listen essenzieller Arzneimittel, Importregelungen für engpass-bedrohte Arzneimittel, erhöhte Lagerhaltung - ergriffen worden sind, sich Engpässe offenbar nicht vermeiden lassen. Aus unserer Sicht scheint sich vor allem ein Multistakeholder-Ansatz zu bewähren, der alle Marktakteure an einen Tisch bringt und bei dem es besonders um das Management von Engpässen geht“, heißt es bei IMS.
Auch Rabattverträge sind Ursache für Lieferengpässe, meint Pro Generika
Man habe das Gutachten beauftragt, weil in der öffentlichen Debatte häufig auf die Situation in anderen Ländern Bezug genommen werde. „Daher war uns wichtig, die Debatte um noch mehr Empirie anzureichern. Die Analyse zeigt uns vor allem eines: Die Maßnahmen, die in den untersuchten Ländern gegen Engpässe bei Arzneimitteln ergriffen worden sind, ähneln sich stark. Allerdings ist es in keinem Land gelungen, Arzneimittelengpässe tatsächlich komplett zu verhindern“, so Wolfgang Späth, Vorstandsvorsitzender von Pro Generika.
Fazit von Pro Generika: „Es gibt keine „one size fits all“-Lösung. Engpässe haben verschiedene Ursachen. Erfolgreiche Lösungen sind offenkundig welche, die an den jeweiligen Ursachen ansetzen.“ Damit rücke das Management für einen „erfolgreichen Umgang“ mit Arzneimittelengpässen in den Vordergrund. Hier komme es vor allem auf das Zusammenwirken der verschiedenen Akteure - Unternehmen, Ärzte, Apotheker, Großhändler, Kliniken - an. In den Niederlanden und in Kanada beispielsweise gebe es Ansätze, die alle betroffenen Akteure an einen Tisch bringen. Des Weiteren zeige das Gutachten, dass im Bereich der Generika in den untersuchten Ländern insbesondere der Preisdruck als eine Ursache von Engpässen eine entscheidende Rolle spielt – „sei es, dass sich Hersteller aus bestimmten Wirkstoffmärkten zurückziehen müssen oder sei es, wie im Fall der deutschen Rabattverträge, dass die Planbarkeit einer bedarfsgerechten Produktion erschwert wird. Wer beim Einkaufsverhalten vorrangig auf Tiefstpreise setzt, nimmt damit auch ein höheres Risiko für Engpässe in Kauf. Es ist gut, wenn in Deutschland immer mehr anerkannt wird, dass man im Fall von Generika auch die ökonomischen Zusammenhänge miteinbeziehen muss, wenn man über Engpässe diskutiert“, so Wolfgang Späth.
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