Transplantationsmediziner: Qualität der Spenderorgane hat sich verschlechtert
In Deutschland warten etwa 12.000 schwerkranke Patienten auf ein neues Organ. Jeden Tag sterben drei Patienten, weil sie nicht rechtzeitig ein passendes Organ bekommen konnten. Doch es ist nicht nur der Organmangel, der die Transplantationsmediziner derzeit vor grosse Probleme stellt. Auch die Qualität der Spenderorgane hat sich den Experten zufolge in den letzten Jahren verschlechtert.
Ärzte müssen entscheiden, ob der Patient die Lunge eines Rauchers verkraften kann
Noch in den 1980er Jahren galt der junge Motorradfahrer als potenzieller Organspender. Doch dank verbesserter Technik vor allem bei Helmen sind diese Unfallopfer heute selten geworden und fallen so als Organspender weg. Die heutigen Organspender sind meist hirntote Patienten, die eine Hirnblutung oder einen Schlaganfall erlitten haben. Diese Spender sind in der Regel viel älter als die Unfallopfer von damals. Einige haben jahrelang Medikamente eingenommen oder geraucht. Ärzte sprechen von Spendern mit "erweiterten Spenderkriterien" oder auch von "Extended Donors". "Nicht nur die Empfänger, vor allem auch die Spender sind heute älter und komorbider geworden", berichtete Professor Gerhard Opelz von der Abteilung Transplantations-Immunologie Universitätsklinikum Heidelberg am 15. Juli auf dem Kongress in Berlin. Inzwischen sei gut ein Drittel der Organspender "Extended Donors." Eine Altersbegrenzung für Organspender gebe es nicht.
"Früher hatten wir keine so guten Medikamente, aber wir hatten bessere Organspender. Heute ist es in etwa umgekehrt", brachte es Kongresspräsident Professor Peter Neuhaus von der Berliner Charité auf den Punkt. Wären die Vorbedingungen derzeit besser, könnten auch die Behandlungsergebnisse besser sein, meinte Neuhaus. Man wisse zum Beispiel, dass ein Patient, der ein Lungentransplantat von einem ehemaligen Raucher bekommen hat, eine zehn bis 15 Prozent geringere Lebenserwartung habe als mit einer Lunge von einem Nichtraucher. Es sei immer eine Abwägung von verantwortungsvoll handelnden Ärzten, zu entscheiden "Nutzt dem Patienten das oder schadet es ihm?"
Transplantationsgesetz verbessert Absicherung der Lebendspender
Nach Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) wurden im Jahr 2011 in Deutschland 4.932 Organtransplantationen durchgeführt. Der überwiegende Teil der Organe stammte von Verstorbenen, aber es waren auch so genannte Lebendspenden dabei. Lebendspenden sind mit Ausnahme von Herztransplantationen und Transplantationen von zusammengesetzten Geweben wie Gesicht oder Hand prinzipiell für den Organersatz möglich. So können Nieren, Teile der Leber, Bauchspeicheldrüse und Lunge auch zu Lebzeiten gespendet werden. "Dies muss allerdings freiwillig geschehen und der Spender muss nah mit dem Empfänger verbunden sein", betonte der Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft Professor Wolf Bechstein aus Frankfurt am Main. Als anonyme Spende sei bei Lebendspenden nicht möglich.
Eine Neuregelung für Lebendspender sieht das das am 25. Mai 2012 im Bundestag verabschiedete Transplantationsgesetz vor. "Menschen, die beispielsweise eine Niere spenden, dürfen keinen finanziellen Nachteil haben, falls daraus Spätschäden resultieren sollten", sagte Bechstein. "Ganz wichtig ist, dass durch das Gesetz erstmals auch Lebendspender abgesichert werden." Noch ist das Transplantationsgesetz nicht in Kraft. Inwieweit die Neuerungen, zu der auch die Einwilligungslösung gehört, allerdings dazu führen, dass tatsächlich mehr Organe gespendet werden, bleibe abzuwarten.
Foto: TK
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