Die Gicht gehört zu den rheumatologischen Erkrankungen und ist durch schmerzhafte Gelenkentzündungen gekennzeichnet. Der akute Gichtanfall wird durch im Gelenk abgelagerte Harnsäurekristalle verursacht, auf die das Immunsystem mit einer Entzündung reagiert. Das erläutert Dr. Uta Kiltz vom Rheumazentrum Ruhrgebiet.
Dr. Kiltz hat die 2016 neu erschienene 2e-Leitlinie „Gichtarthritis“ für die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) betreut. Die Gelenk-Erkrankung ist an sich gut therapierbar – mit Medikamenten und einer kontrollierten Nahrungsaufnahme. Im Zentrum der Therapie steht dabei die Senkung des Harnsäurespiegels.
Warum die Schmerzen zunächst das Großzehengrundgelenk befallen
Ursache des erhöhten Harnsäurespiegels ist die unzureichende Ausscheidung der Harnsäure über die Nieren. Die Balance zwischen Aufnahme und Abgabe ist hier gestört. Ist die Konzentration der Harnsäure im Blut höher als 6,4 ml per dl, kristallisiert die Säure. Es entstehen scharfe Kristalle, die mit dem Blut durch den Körper getragen werden. Sie lagern sich in den Gelenken und den inneren Organen wie den Nieren ab.
Die Löslichkeit der Harnsäure lässt in kälterer Umgebung nach, daher lagern sich die Kristalle bevorzugt an den schlechter durchbluteten und damit kühleren, engen Passagen des Körpers ab, so die Deutsche Gicht-Liga. Das ist der Grund, warum von einem Gichtanfall zunächst häufig die Großzehengrundgelenke betroffen sind.
Die richtige Ernährung bei Gicht: Purinarm
Harnsäure ist das Endprodukt des menschlichen Purin-Stoffwechsels. Purine werden über die Nahrung aufgenommen, sie sind vor allem in Alkohol und gesüßten Softgetränken, Fleisch und Meeresfrüchten enthalten. Seltener ist eine körpereigene Überproduktion von Harnsäure die Ursache für den erhöhten Wert.
Die Ernährung ist daher der wichtigste, vom Patienten selbst beeinflussbare Faktor bei der Behandlung der Gicht. Abnehmen senkt das Risiko, eine Gicht zu entwickeln. Alkohol erhöht das Risiko eines Gichtanfalls um das 2- bis 3-fache, Schnaps stärker als Bier, bei Wein fand sich kein Zusammenhang. Mit Fruktose (Fruchtzucker) gesüßte Softdrinks erhöhen das Risiko um das 2-fache. Der tägliche Konsum von Fleisch und Fisch, insbesondere Schalentieren, erhöht das Risiko eines Gichtanfalls.
Milchprodukte, Kaffee und Folsäure haben eine schützende Wirkung
Milchprodukte, besonders fettarme, Kaffee und Folsäure haben eher eine schützende Wirkung. Klare Empfehlungen geben die an der Leitlinie beteiligten Forscher indes nicht. Die genannten Speisen und Getränke erhöhen zwar nachweislich das Risiko, an einer Gichtarthritis zu erkranken oder einen erneuten Gicht-Anfall zu erleiden. Andersherum konnte aber bisher nicht durch Studien belegt werden, dass eine spezielle Diät eine Gicht-Erkrankung verhindern oder die Zahl der Anfälle reduzierten könnte.
Die Deutsche Gicht-Liga geht ganz pragmatisch an die Ernährungs-Thematik heran: Da jedes Lebensmittel unterschiedliche Mengen an Purinen enthalte, seien pauschale Ratschläge wie weniger Fleisch und mehr Gemüse nicht hilfreich, sondern eher gefährlich. Es geben Fleischsorten mit wenig und Gemüsesorten mit viel Purinen. Sich purinarm zu ernähren bedeute daher nicht, zu verzichten, sondern zu rechnen.
Beim Kochen oder Essen gehen Purinrechner benutzen
Die Gicht-Liga bietet auf ihrer Homepage einen Purinrechner an, mit dem man die in den Lebensmitteln enthaltenen Purinmengen ermitteln kann. So lässt sich ausrechnen, welche Menge an Harnsäure eine bestimmte Kombination von Lebensmitteln, Gewürzen und Getränken erzeugt. Aus 1 mg Purinen bildet der Körper per Verstoffwechselung 2,4 mg Harnsäure. 400 mg Harnsäure pro Tag sind die Obergrenze dessen, was ein Gicht-Patienten aufnehmen sollte.
Alkohol hemme die Ausscheidung von Harnsäure und treibe somit die Harnsäurewerte nach oben. Dies gilt insbesondere für Bier, das zudem noch viele Purine enthält und somit doppelten Schaden zufügt, heißt es bei der Gicht-Liga. Weiterer wichtiger Tipp: Gicht-Patienten sollten täglich mindestens 2 Liter Wasser oder Tee trinken.
Pflanzliche Wirkstoffe höchstens als Ergänzung
Je besser die purinarme Ernährung funktioniert, desto weniger müsse von den mit teils gravierenden Nebenwirkungen behafteten Medikamenten eingenommen werden. Auch diese sorgen dafür, den Harnsäurespiegel zu senken. Sind die Harnsäurewerte wieder im Lot, bedeutet dies nicht das Ende der purinarmen Ernährung. Die muss von Gicht-Patienten lebenslang eingehalten werden. Das bedeute aber eben nicht den Verzicht auf bevorzugte Speisen, sondern eben "Rechnen".
Von naturheilkundlichen Therapie-Ansätzen rät die Gicht-Liga eher ab. Einige Pflanzen könnten die ärztlich verordnete Behandlung möglicherweise ergänzen, aber niemals ersetzen. Dazu gehören Birkenblätter, Bohnenschalen, Katzenpfötchen, Knöterich und Wacholderbeeren, die als heißer Aufguss getrunken werden und harntreibend wirken sollen. Jede zusätzliche Einnahme anderer Medikamente, auch von pflanzlichen Wirkstoffen, müsse unbedingt mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
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