Schwanger trotz aggressiver Chemotherapie
Die Entnahme und Rücktransplantation von Eierstockgewebe ist ein relativ neues Verfahren. In Heidelberg hat es jetzt einer 36-jährigen Krebspatientin eine Schwangerschaft ermöglicht. Die Frau war im Alter von 32 Jahren an Brustkrebs erkrankt und hatte sich vor Beginn der Therapie Teile eines Eierstocks entnehmen lassen. Das Gewebe wurde an der Universitäts-Frauenklinik Bonn gelagert. Ärzte der Universitätsklinik Heidelberg haben es der jungen Frau nach Abschluss der Chemotherapie rücktransplantiert, das heißt im Rahmen einer Bauchspiegelung in eine Bauchfelltasche hinter den Eierstock eingesetzt. Der ambulante Eingriff dauert nur 30 Minuten. Nach Auskunft des Klinikums hätte die Frau ohne diese Behandlung niemals schwanger werden können, da die Chemotherapie ihre Eierstöcke irreparabel geschädigt habe.
Chemotherapie hat die Eierstöcke unwiderruflich geschädigt
„Die Patientin ist momentan im fünften Monat schwanger und alles läuft gut. Wir haben keinen Grund zur Sorge", erklärt Professor Dr. Bettina Toth, die an der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg die Kinderwunschambulanz einschließlich des Programms zum Fertilitätserhalt bei Chemo- und Strahlentherapien leitet. Deutschlandweit sind bisher vier Kinder nach einer solchen Behandlung zur Welt bekommen. „Unsere schwangere Patientin hatte vor der Retransplantation Hormonwerte wie eine Frau um die Wechseljahre, welche sich nach Retransplantation stabilisiert haben", so Professor Toth weiter. Anders als bei der Entnahme von Eizellen sei im Vorfeld keine langwierige und belastende Hormonbehandlung nötig, die den Start der Krebstherapie verzögere. Zudem produziere das transplantierte Gewebe unter guten Voraussetzungen - wenigstens für eine bestimmte Zeit - wieder die weiblichen Sexualhormone und lasse Eizellen in einem normalen Zyklus heranreifen.
Beratung und Behandlung durch das bundesweite Netzwerk FertiPROTEKT
Bestimmte Medikamente für Chemotherapien sowie Bestrahlungen im Bereich des Beckens können Eierstöcke und Hoden so stark schädigen, dass die Betroffenen vorübergehend oder dauerhaft unfruchtbar werden. Häufig fällt gleichzeitig auch die Produktion der Geschlechtshormone aus und selbst bei jungen Frauen treten die Wechseljahre ein. Krebserkrankungen, deren Therapie Eierstöcke und Hoden angreift, sind u.a. Brust- und Eierstockkrebs, Lymphome und Leukämien, Krebserkrankungen des Verdauungstraktes, Knochenkrebs sowie Hoden- und Prostatakrebs.
Schwanger trotz Krebs
Beratung und Hilfe für Krebsbetroffene mit Kinderwunsch gibt es deutschlandweit durch das Netzwerk FertiPROTEKT. Dem in Heidelberg gegründeten Netzwerk haben sich mittlerweile über 100 universitäre und nicht-universitäre Zentren in ganz Deutschland angeschlossen. Die Zentren haben sich auf sämtliche modernen Techniken zur Konservierung befruchteter sowie unbefruchteter Eizellen oder Eierstockgewebe sowie der künstlichen Befruchtung spezialisiert. Darüber hinaus kommen neue Medikamente zum Einsatz, die Schäden an Eierstöcken oder Hoden während einer Chemotherapie verringern.
Foto: Professor Dr. Bettina Toth und Professor Dr. Professor Dr. Thomas Strowitzki mit der schwangeren Patientin. Copyright: Universitätsklinikum Heidelberg