Schulschwestern sollten auch in Deutschland Schule machen
Die Zahl chronisch kranker Schüler nimmt stetig zu, schreibt die DGSPJ in einer Pressemitteilung. So litten 2012 in Brandenburg laut einer repräsentativen Erhebung des Landesgesundheitsamts 13 Prozent der Untersuchten eine chronische Erkrankung. 2009 seien es erst 10 Prozentgewesen. Der Anteil chronisch kranker Kinder liege in Familien mit niedrigem Sozialstatus sogar bei 21,5 Prozent. Bei Kindern aus Familien mit hohem Sozialstatus sei nicht einmal jedes zehnte Kind (8,6 Prozent) betroffen.
Die Schule trage dieser Tatsache nicht genügend Rechnung, meint Dr. Ulrike Horacek vom Vorstand DGSPJ und fordert deshalb „Anpassungen, besser tief greifende Reformen der Schulgesundheitspflege im Regelschulalltag“.
Der Blick in Länder wie Schweden und England zeigt, dass Schulschwestern für Entlastung sorgen
Sie rät dazu, einen Blick in andere Länder zu werfen: In Kanada, in Australien, in den meisten Staaten der USA, aber auch in vielen europäischen Staaten habe sich zum Beispiel die Schulschwester sehr bewährt. An jeder Schule in Schweden, Finnland und England gebe es mindestens eine Schulschwester, die zumeist in einem Team aus Lehrern, Schularzt, Schulpsychologe und Schulsozialarbeiter arbeitet. Sie sei Bestandteil der Schulgemeinde und des regelhaften Schullebens, und ihre Arbeit werde in hohem Maße geschätzt. Pflegewissenschaftler – unter anderem der Universität Witten-Herdecke - plädierten schon seit fast zehn Jahren dafür, dieses Modell auf Deutschland zu übertragen. „Ganz allgemein gilt die Schulschwester in vielen Ländern als erste kompetente Ansprechpartnerin für alle gesundheitlichen Belange der Kinder im schulischen Alltag sowohl für Schüler und Eltern, aber auch für Lehrer. Sie entscheidet auch darüber, ob oder wann ein Schularzt einzuschalten ist. Speziell für chronisch kranke Kinder in der Schule fungiert sie als Case-Managerin, indem sie die Schüler und deren Eltern unterstützt und begleitet. Zudem soll sie stets überprüfen, ob alle nachgehenden Fürsorgemaßnahmen umgesetzt und Behandlungspläne eingehalten werden“, schreibt die DGSPJ in ihrer Pressemitteilung.
Speziell bei chronisch kranken Kindern kümmere sich die Schulschwester um die
- Medikamentengabe und spezifische individuelle Pflegeleistungen;
- spezielle Krankenbeobachtung (z.B. zur Unterzuckerung neigender Schüler mit neu eingestelltem Diabetes mellitus) oder um die Überprüfung des Hör- und Sehvermögens;
- die Berücksichtigung individueller Erfordernisse z.B. bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien in der Gemeinschaftsverpflegung und
- die Herstellung des Kontakts zum Jugendhilfeträger. Und umgekehrt fungiert sie beim Thema Kinderschutz als fachliche Ansprechpartnerin für Fachkräfte in den Jugendämtern.
Lehrer könnten sich besser auf die Vermittlung des Unterrichtsstoffes konzentrieren
All diese Unterstützungsleistungen wären auch hierzulande hilfreich, meint die Gesellschaft. Für Schüler mit Benachteiligung durch gesundheitliche Einschränkungen würde so eine passgenaue und alltagsnahe fachliche Unterstützung möglich. Eine Schulschwester könne zudem vor Ort als Ansprechpartner für Inklusionshelfer und Schulbegleiter fungieren. Die öffentlichen Kinder- und Jugendgesundheitsdienste - so die DGSPJ - könnten für die Schulschwester Fachverantwortung übernehmen und von ihr dann hinzugezogen werden, wenn die sozialpädiatrische Kompetenz gefordert ist.
Chronisch kranke Kinder aus sozial benachteiligten Schichten würden von einer Schulschwester besonders profitieren, ist Ulrike Horacek überzeugt. Durch eine enge Kooperation mit Schulsozialarbeitern und -Psychologen vor Ort könnte dieser Effekt noch verstärkt werden. Auch Lehrer würden durch eine solche Unterstützung entlastet und könnten sich leichter auf das pädagogische Kerngeschäft fokussieren. Der Einsatz von Schulschwestern mache also Sinn und sollte im wahrsten Sinne bundesweit "Schule machen", so die DGSPJ.
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