Schnellere Wundheilung mit Hämoglobin
Chronische Wunden sind ein echtes Sorgenkind der Medizin. Trotz guter Versorgung leben in Deutschland mehrere Millionen Menschen mit chronischen Wunden, die zum Teil über Jahre oder gar Jahrzehnte bestehen. Offenbar reichen bei vielen Patienten herkömmliche Verfahren wie etwa die feuchte Wundbehandlung – der derzeitige Goldstandard – nicht aus, um langfristig eine Besserung zu erreichen.
Das könnte sich nun ändern. Wie eine Studie der Dermatologischen Klinik der Prager Karls-Universität zeigt, konnte das Hämoglobin-Spray Granulox signifikante Behandlungserfolge im Vergleich zur Placebo-Gruppe erzielen. Bei der Studie handelte es sich um eine monozentrische prospektive, kontrollierte, randomisierte einfach-verblindete Studie. Insgesamt 72 Patienten mit chronischem Ulcus cruris, der im Durschnitt seit zwei Jahren bestand, wurden in die Studie eingeschlossen – und in zwei Gruppen aufgeteilt. Während die 36 Patienten der Gruppe 1 über 13 Wochen täglich mit dem Hämoglobin-Spray behandelt wurde, erfolgte die Behandlung in der Kontrollgruppe im gleichen Zeitraum mit einer Kochsalz-Lösung. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Wundfläche über den Behandlungszeitraum. Dabei wurde nach Auskunft von Studienleiter Prof. Dr. med. Petr Arenberger die Wundfläche gemessen und die Wundqualität anhand verschiedener Parameter beurteilt, etwa Wundbelag, nekrotisches Gewebe und Granulationsgewebe. Ebenso wurde die Schmerzreduktion nach VAS-SchmerzScore erfasst.
Den meisten chronischen Wunden fehlt Sauerstoff
„Durch die topische Applikation der Hämoglobinlösung konnten wir einen signifikanten Einfluss auf die Wundheilung feststellen“, sagte Prof. Arenberger. „Unabhängig von der Wundgröße zeigte die Mehrzahl der Wunden eine kontinuierliche Heilungstendenz sowie eine im Durchschnitt doppelt so hohe Abheilungsgeschwindigkeit.“ Nebenwirkungen seien nicht beobachtet worden. „Das Hämoglobinspray ist eine einfache und wirksame Therapieergänzung. So ein neuer Behandlungsansatz hat uns bislang gefehlt“, so das Fazit des Dermatologen. Neben Unterschenkelgeschwüren venöser Genese könnten auch arteriell bedingte Ulcera, Diabetisches Fußsyndrom, Decubitalulcera und Akutwunden mit Hämoglobin behandelt werden.
Das neue Verfahren berücksichtigt die Tatsache, dass bei den meisten chronischen Wunden ein Sauerstoffmangel (Hypoxie) vorliegt. Die im Hämoglobin-Spray enthaltenen natürlichen wasserlöslichen Hämoglobine sind in der Lage, auch außerhalb der Erythrozyten Sauerstoffmoleküle zu transportieren und so die Wunde mit dem zur Wundheilung dringend benötigten Sauerstoff zu versorgen. „Das Hämoglobin verteilt sich gleichmäßig im Wundexsudat, bindet den Luftsauerstoff und transportiert ihn zum Wundgrund“, erläuterte Michael Sander, Geschäftsführer des Granulox-Herstellers SastoMed. Weil dies kontinuierlich über bis zu 72 Stunden geschieht, können erhebliche Mengen Sauerstoff zur Verfügung gestellt werden - rechnerisch transportiert 1 Gramm Hämoglobin bis zu 1 Liter Sauerstoff pro Tag. Das Hämoglonin-Spray ist seit April 2012 als Medizinprodukt der Klasse 3 zugelassen und wird von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet.
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