
Schmerzgesellschaft kritisiert Versorgung von Patienten mit chronischen Schmerzen: Zu viele Medikamente, zu wenig Bewegungsanreize – Foto: ©Robert Kneschke - stock.adobe.com
Chronischen Schmerzen liegt meist keine erkennbare Ursache zu Grunde. Das macht die Sache nicht besser, ganz im Gegenteil. Patienten haben oft einen langen Leidensweg, irren von Arzt zu Arzt und finden doch keine Heilung. Die Deutsche Schmerzgesellschaft bemängelt schon seit Jahren die unzureichende Versorgung von Schmerzpatienten in Deutschland.
Um Schwachstellen aufzuspüren und dann abstellen zu können, hat die Fachgesellschaft 2018 gemeinsam mit der BARMER das Projekt PAIN2020 ins Leben gerufen. Bisher wurden hier mehr als 600 Patienten aus 26 Schmerzzentren eingeschlossen.
Überversorgung mit Medikamenten
Die vorläufigen Auswertungen zeigen eine deutliche Überversorgung mit Medikamenten, wohingegen Bewegungsanreize zu kurz kommen. Den Leitlinien zur Behandlung von chronischem Schmerz entspricht dieses einseitige Vorgehen nicht. „Die Erkrankten bekommen häufig zu wenig bedarfsgerechte Therapien“, kritisiert Dr. Dipl.-Psych. Ulrike Kaiser vom UniversitätsSchmerzCentrum am Universitätsklinikum Dresden. Um eine individuelle Behandlung zu ermöglichen, sei es unbedingt erforderlich, dass geltende Leitlinien in der Schmerzmedizin auch adäquat umgesetzt würden.
Bewegungstherapie zentraler Baustein der Schmerztherapie
Zentrale Bausteine in der Schmerztherapie sind neben einer medizinisch professionellen und individuellen Begleitung zielgerichtete Bewegungstherapien. „Häufig werden diese viel zu wenig und zu spät eingesetzt“, bemängelt Kaiser. „Neben medizinischen Aspekten und Aktivierungsangeboten sollten auch psychosoziale Faktoren frühzeitig in der Schmerztherapie Berücksichtigung finden“, so die Expertin. „Wenn diese Elemente gemeinsam einbezogen werden, kann eine gezielte, bedarfsgerechte Therapie am besten wirken.“
PAIN2020 will es besser machen
Im Rahmen des Projekts PAIN2020 bekommen die teilnehmenden Patienten das, was eigentlich in den Leitlinien vorgesehen ist: eine multiprofessionelle Diagnostik, die aus einer ärztlichen, physiotherapeutischen und psychologischen jeweils einstündigen Befundaufnahme besteht. Außerdem wird jeder Fall in einer Teamkonferenz besprochen und es findet ein gemeinsames Abschlussgespräch mit dem Patienten statt. „Hierbei beziehen wir den Schmerzpatienten aktiv ein“, erläutert Kaiser. „Die behandelnden Therapeutinnen und Therapeuten besprechen die Therapiebefunde sorgfältig mit den Betroffenen und stimmen die Versorgung anschließend auf die individuellen Bedürfnisse ab.“
Die Ergebnisse aus solchen Besprechungen werden standardisiert dokumentiert – und zwar in einer Form, die für Patienten gut nachvollziehbar ist. Die behandelnden Ärzte sind gehalten, die Empfehlungen dann auch umzusetzen.
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