Schmerzen bei Demenz besser erkennen
Demenzkranke können oft nicht mehr klar äußern, ob sie unter Schmerzen leiden; daher werden Schmerzzustände bei ihnen von den Pflegekräften leicht übersehen. Dabei leidet Schätzungen zufolge jeder zweite Demenzpatient unter chronischen Schmerzen. Untersuchungen zufolge werden diese in vielen Fällen nicht ausreichend behandelt. Nun hat Professor Stefan Lautenbacher vom Institut für Physiologische Psychologie an der Universität Bamberg einen Fragebogen entwickelt, mit dem die Schmerzen von Demenzkranken besser erfasst werden sollen.
Demenzpatienten sind unterversorgt
„Demenzkranke Menschen leiden großes Schmerzunglück“, erklärt Lautenbacher, der erforscht, welche alternativen Kommunikationsformen Demenzkranke nutzen, um ihren Schmerz auszudrücken. Diese – meist nonverbalen – Kommunikationswege sind für die Pflegekräfte nur schwer zu deuten. Lautenbacher hat daher ein einfach anzuwendendes, europaweit gültiges Schmerzmessinstrument in Form eines Fragebogens entwickelt, dass demenzkranken Patienten und ihren Pflegekräften in Zukunft helfen soll.
Zunächst hatte sich Lautenbacher auf nationaler Ebene mit der Decodierung von Schmerz beschäftigt und untersucht, wie kognitiv Beeinträchtigte ihren Schmerz ausdrücken und wie Pflegekräfte und Angehörige diese Zeichen erkennen können. Dann wurde unter seinem Vorsitz ein internationales und interdisziplinäres Forschungsprojekt ins Leben gerufen, dass die Kommunikationswege von Demenzkranken weiter erforschte.
Zeichen für Schmerzen erkennen
Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass Körperhaltung, Mimik und Vokalisation von Demenzkranken durchaus Zeichen dafür sein können, ob sie Schmerzen leiden. So kann unruhiges Umherwandern, Hinken oder Reiben einer Körperstelle ebenso ein Zeichen von Schmerz sein wie verschiedene Gesichtsausdrücke. Äußerungen wie „Au“, „o weh“ oder verschiedene Atemstile, Klagen und Stöhnen funktionieren ebenso als Schmerzindikatoren.
Die 62 europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an dem Projekt mitarbeiteten, entwickelten auf Basis dieser Untersuchungsergebnisse ein Schmerzmessinstrument für Patientinnen und Patienten mit kognitiven Störungen und trugen Testfragen zusammen. Aktuell listet der Fragebogen 36 Anzeichen für Schmerzen auf, die von Pflegekräften durch das Beobachten ihrer Patienten erkannt werden können. Wie wichtig das ist, zeigen neue Statistiken: Demnach erhalten Demenzkranke beispielsweise nach einer Hüft-OP nur ein Drittel der Schmerzmittelmenge, die Patienten ohne kognitive Beeinträchtigungen bekommen.
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