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Rheumatoide Arthritis möglichst ohne Kortison behandeln

Montag, 10. September 2018 – Autor:
Bei Patienten mit rheumatoider Arthrtitis soll die Therapie früher und gezielter starten und möglichst ohne Kortison auskommen. Das empfiehlt eine neue Behandlungsleitlinie.
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Wird die rheumatoide Arthritis frühzeitig und gezielt behandelt, kann sie auch wieder vollständig verschwinden – Foto: ©andifink - stock.adobe.com

Bei Patienten mit rheumatoider Arthrtitis sollte die Medikamenten-Therapie frühzeitig überprüft werden. Empfohlen wird ein erster Kontrolltermin bereits nach sechs statt wie bisher nach 12 Wochen. Das besagt die neue S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh).

Dabei sollten statt Kortison gezielt so genannte krankheitsmodifizierende Medikamente (Disease-modifying anti-rheumatic drugs/DMARDs) eingesetzt werden. Diese können den Krankheitsverlauf verlangsamen und eine Zerstörung der Gelenke verhindern.

Rheumatoide Arthritis mit DMARD therapieren

"Nach sechs Wochen sollten die Verträglichkeit und die Adhärenz, also die Therapietreue des Patienten, und die Richtigkeit der Dosierung kontrolliert werden", erläutert Prof. Hanns-Martin Lorenz, Präsident der DGRh und Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Bei weiteren Kontrollen nach drei Monaten sollte eine messbare Verbesserung eingetreten und nach sechs Monaten das Therapieziel erreicht worden sein.

Von einer langfristigen Kortisontherapie raten die Leitlinien-Experten ab. An medikamentösen Alternativen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis fehle es nicht. Neben den konventionellen synthetischen DMARD-Medikamenten wie Methotrexat (MTX) und den biologischen DMARD gibt es zwei gezielte synthetische DMARDs mit den Wirkstoffen Baricitinib und Tofacitinib.

Rheumatoide Arthitis mit Methotrexat in den Griff bekommen

Ein Grund für den seltenen Einsatz seien vermutlich die hohen Preise für diese Medikamente, vermutet der Erstautor der neuen Leitlinie, Prof. Christoph Fiehn vom Medical Center Baden-Baden. Den Behandlungsempfehlungen zufolge solle die Therapie der rheumatoiden Arthritis mit Methotrexat beginnen. "Bei vielen Patienten gelingt es, die Krankheit allein mit MTX zu kontrollieren", sagt Professor Fiehn.

Bei Patienten, die MTX nicht vertragen, könnten Ärzte zunächst günstige, synthetische DMARDs wie Leflunomid oder Sulfasalazin anwenden. Das Ziel der Behandlung bleibt dabei das Erreichen einer Remission, also das völlige Verschwinden der Krankheitsaktivität oder, wenn das nicht möglich ist, zumindest die niedrigmöglichste Krankheitsaktivität.

Rheumatoide Arthritis möglichst ohne Kortison behandeln

Nach aktuellen Zahlen weist ein Drittel der Patienten mit rheumatoider Arthritis nach zwei Jahren noch eine mäßige bis hohe Krankheitsaktivität auf, und jeder zweite dieser Patienten wird hochdosiert mit Kortison behandelt. "Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko auf Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose", warnt Prof. Fiehn.

Daher bleibt ein wichtiges Ziel der Empfehlungen zur rheumatoiden Arthritis die frühzeitige Senkung der Kortison-Dosis, idealerweise bis zum kompletten Absetzen, so dass ohne Kortison behandelt wird. Noch immer verordnen viele Ärzte ihren Patienten dauerhaft Kortison in einer niedrigen Dosis. Fiehn warnt: "Es gibt keinen Beweis, dass Kortison in niedriger Dosierung ungefährlich ist oder bei einer optimierten DMARD-Therapie einen zusätzlichen Nutzen mit sich bringt."

Rheumatoide Arthritis: Deeskalation der Medikamente vorgesehen

Einige Rheumapatienten werden unter einer optimierten Behandlung auf Dauer beschwerdefrei. Die S2e-Leitlinie für rheumatoide Arthritis enthält daher erstmals auch Empfehlungen zur "Deeskalation", einem Senken der Medikamente. Das ist nur möglich, wenn die Patienten kein Kortison mehr einnehmen und seit sechs Monaten beschwerdefrei sind.

Die neue Leitlinie geht zudem erstmalig in separaten Kapiteln auf den Einfluss von Lebensstilmodifikationen und das Thema der gemeinsamen Entscheidungsfindung von Patient und behandelndem Arzt ein. Sie wird dieser Tage auf dem DGRh-Kongress 2018 in Mannheim vorgestellt.

In Deutschland sind rund 550.000 Erwachsene von einer rheumatoiden Arthritis betroffen. Sie ist die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung. Die chronische Gelenkentzündung verläuft in Schüben und kann bis zu Gelenkverformungen oder gar kompletten Gelenkzerstörungen führen.

Foto: andifink/fotolia.com

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