Rassismuserfahrungen machen Demenz im Alter wahrscheinlicher
In San Diego, Kalifornien, findet gerade die Alzheimer's Association International Conference 2022 statt – eine der weltweit größten Fachkonferenzen über Alzheimer. Rassismus ist dort ein Thema, nicht weil es in die Zeit passt, sondern aufgrund neuester Erkenntnisse und aktueller Studien.
Der 2022 Alzheimer's Disease Facts and Figures Report der Alzheimer's Association zeigt: Die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer oder anderen Demenzkrankheiten zu erkranken, ist für Schwarze etwa doppelt so hoch und für Hispanics/Latinos etwa anderthalb Mal so hoch wie für Weiße.
Schwarze leiden besonders unter Diskriminierung
In einer Studie mit fast 1.000 in einer Gemeinde lebenden Erwachsenen mittleren Alters (55 % Latinos; 23 % Schwarze; 19 % Weiße) fanden Forscher unter Federführung der Columbia University einen signifikanten Zusammenhang zwischen Rassismuserfahrungen und niedrigeren Gedächtniswerten. Bei schwarzen Personen war dies besonders ausgeprägt. Erfahrungen mit strukturellem Rassismus wurden bei allen in die Studie einbezogenen rassischen und ethnischen Gruppen mit einem schlechteren episodischen Gedächtnis in Verbindung gebracht.
Chronischer Rassismus führt zu Stress
„Chronischer Rassismus und zwischenmenschliche Diskriminierung in marginalisierten Gemeinschaften führen zu Stress, der sich auf den Körper auswirkt und die physiologische Gesundheit beeinflusst und wahrscheinlich zur Entwicklung des kognitiven Verfalls beiträgt", so Jennifer Manly, Ph.D., Professorin für Neuropsychologie am Columbia University Irving Medical Center und Hauptautorin dieser Arbeit. „Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass sich Rassismus auf die Gesundheit des Gehirns auswirkt und zu der ungerechten Belastung durch die Alzheimer-Krankheit in Randgruppen beiträgt."
Eine weitere Studie nahm sogenannte SuperAgers in den Blick, also sehr alte Menschen. Befragt und untersucht wurden 445 asiatische, schwarze, lateinamerikanische, weiße und gemischtrassige Personen im Alter von 93 Jahren und älter. Die Analyse ergab, dass Personen, die während ihres gesamten Lebens weitreichende Diskriminierung erfahren hatten, im späteren Leben ein schlechteres semantisches Gedächtnis aufwiesen als Personen, die wenig oder gar keine Diskriminierung erfahren hatten.
„Unauslöschlicher Einfluss auf die kognitive Gesundheit“
„Diese Ergebnisse machen deutlich, dass bei den Hochbetagten die Ungleichheiten bei den kognitiven Funktionen auch dann noch bestehen, wenn die Erfahrungen mit Diskriminierung im Leben berücksichtigt werden", betont Studienautorin Kristen George von der Universität von Kalifornien. „Trotz der unglaublichen Langlebigkeit dieser Gruppe hat Diskriminierung einen unauslöschlichen Einfluss auf die kognitive Gesundheit, und die ältesten alten Erwachsenen können noch immer von den Bemühungen profitieren, gesundheitliche Ungleichheiten zu beseitigen und auszugleichen."
Nicht-Weiße sind auch körperlich kränker
Rassismus und Diskriminierungserfahrungen begünstigen demnach den kognitiven Abbau. Hinzukommen soziale Ungleichheiten wie geringer sozioökonomischer Status, Bildungsniveau und der Zugang zu Gesundheitsleistungen, wie die Pflegewissenschaftlerin Adriana Perez University of Pennsylvania betonte. „Der beständige und allgegenwärtige Mangel an Ressourcen sowie soziale und umweltbedingte Faktoren führen zu Ungleichheiten bei anderen Gesundheitsergebnissen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes“, sagte sie. Und diese Erkrankungen wiederum erhöhten das Risiko für Alzheimer und andere Demenzerkrankungen.