Radiologen attackieren Krebszellen mit Elektroschocks
Es ist eine neue und noch wenig erprobte Methode, die Professor Dr. Christian Stroszczynski vom Universitätsklinikum Regensburg auf dem diesjährigen Deutschen Röntgenkongress Ende Mai vorstellte. Die irreversible Elektroporation (IRE) wird bislang nur an wenigen Zentren klinisch erprobt, systematische Studien gibt es noch nicht. Dennoch ist der Regensburger Spezialist für Interventionelle Radiologie zuversichtlich, dass sich die IRE etablieren wird. Bei dem Verfahren führt der Radiologe unter Bildkontrolle per CT zwei bis sechs Sonden an den Krebsherd heran. Dort wird das Tumorgewebe für den Bruchteil einer Sekunde einer sehr hohen, mehrere tausend Volt betragende Spannung ausgesetzt. „Der heftige Stromstoß führt dazu, dass die Membranen sich öffnen und die Zellen platzen. Dieser Vorgang entspricht einem induzierten natürlichen Zelltod, der Apoptose“, so Professor Stroszczynski.
IRE schont das umliegende Gewebe, aber die Wirksamkeit ist noch nicht hinreichend erwiesen
Der herausragende Vorteil dieser neuartigen Therapieform sei die Schonung des Nachbargewebes. „Während etwa bei thermischen Ablationsverfahren auch das Nachbargewebe durch die Hitzeeinwirkung in Mitleidenschaft gezogen ist, wird die sogenannte ‚extrazelluläre Matrix‘, das stabilere Rahmengewebe, um die Zellen weit weniger angegriffen, es erholt sich meist vollständig. Das betrifft vor allem Blutgefäße, Lymph- und Nervenbahnen. Gewebenekrosen, wie wir sie bei den Hitzeverfahren in Kauf nehmen müssen, verursacht die IRE nicht“, skizziert der Interventionelle Radiologe die Vorteile. Die Patienten können in aller Regel am Folgetag die Klinik verlassen.
Aktuell behandeln Ärzte Lebertumoren- und metastasen mit der IRE
Aktuell wenden Ärzte die Elektroporation vornehmlich bei Lebertumoren an. Das hat nach Auskunft von Stroszczynski zwei Gründe. Zum einen ist die Leber ein häufig betroffenes Organ sowohl von primären Tumorenals auch von Metastasten, Tochtergeschwülsten streuender Tumoren. Zum anderen eignet sich die Leber gut für lokale, minimalinvasive Therapien, wie sie die Interventionelle Radiologie seit einigen Jahren und mit wachsendem Erfolg anwendet. „Die Leber lässt sich gut mit unserem Arbeitsgerät, den durch die Haut (perkutan) eingeführten Sonden erreichen, zudem ist das Gewebe relativ robust und anatomisch übersichtlich“, meint der Radiologe. Die bisherigen Behandlungserfolge stimmen Stroszczynski zuversichtlich, dass sich das Verfahren auch in weiteren Zentren etabliert und die Methode sich auch auf andere Organe und Krebsentitäten ausweiten lässt.
Die neue Methode zur lokalen Behandlung von Krebs könnte etwa auch für das Prostatakarzinom in Frage kommen, meint Stroszczynski. Bei dieser Krebsart käme es ganz besonders auf die Schonung des Nachbargewebes an.
Foto: Deutsche Röntgengesellschaft