Pflegekräfte im Altenheim oft überfordert

Pflegekräfte in Heimen sind nachts für zu viele Patienten zuständig – Foto: drubig-photo - Fotolia
Oft wird beklagt, dass in Altenheimen zu viele Patienten mit freiheitseinschränkenden Maßnahmen oder Medikamenten ruhiggestellt gestellt werden. Und tatsächlich erhalten viele Heimbewohner nachts Schlafmittel, oft kommen auch Bettgitter zum Einsatz. Doch dies ist nicht ohne Grund, wie eine Studie der Universität Witten/Herdecke (UW/H) nun bestätigt, denn Pflegekräfte in deutschen Altenheimen sind besonders nachts oft schlichtweg überfordert. So ist eine einzelne Pflegekraft im Durchschnitt für 52 Personen zuständig, meist ohne auf Entlastung durch einen Hintergrunddienst in Krisensituationen zurückgreifen zu können.
8,7 Prozent der Pflegenden sind sogar für über 100 Personen verantwortlich. Das fanden die Pflegewissenschaftler in ihrer Studie heraus, mit der sie die Belastung von Pflegenden im Nachtdienst in deutschen Altenheimen untersuchen wollten. Die Forscher haben nun einen Katalog mit Forderungen für bessere Pflegebedingungen in Altenheimen entwickelt.
Zu wenig Zeit für die Patienten
Am häufigsten beklagten sich die Befragten darüber, zu wenig Zeit für ihre Schützlinge zu haben. Viel Zeit beanspruchen nachts vor allem demenzkranke Patienten, die auf der Station umherirren. 65 Prozent der Pflegenden beklagten zudem, dass sie sich nicht ausreichend um sterbende Patienten kümmern könnten.
„Bei 52 Personen bleiben dem oder der Pflegenden rein rechnerisch zwölf Minuten für jeden Patienten pro Nacht für Inkontinenzversorgung, Lagerung oder Verabreichung von Medikamenten", erklärt Professor Christel Bienstein, Leiterin der Studie und des Departments Pflegewissenschaft an der UW/H. „Wer für 52 Personen in der Nacht zuständig ist, muss damit rechnen, dass – so wie es in Altenheimen meist aussieht - hinter 26 Türen jederzeit jemand beim Weg zur Toilette stürzen kann.“ Das sei "Stress pur", so die Pflegewissenschaftlerin.
Pflegebedingungen müssen verbessert werden
Aufgrund ihrer Ergebnisse entwickelten die Forscher einen Forderungskatalog für bessere Bedingungen im Pflegeheim. Ihrer Meinung nach müsse gewährleistet sein, dass stets mindestens zwei bis drei Pflegende für 60 Heimbewohner zur Verfügung stehen. Auch müssten verantwortliche Pflegekräfte über die beste Qualifikation verfügen, da sie schnell und alleine Situationen einschätzen und passgenaue Versorgungsmaßnahmen einleiten können müssen.
Jede Pflegeeinrichtung sollte außerdem einen hochqualifizierten Hintergrunddienst bereitstellen, der stets beratend und unterstützend eingreifen könne. Nötig seien auch Notfallleitlinien und eine stetig lieferbereite Apotheke. Wichtig sei auch, dass Pflegende des Nachtdienstes an Fortbildungen teilnehmen können, ohne ihre Schlafzeit reduzieren zu müssen. Die Wissenschaftler fordern zudem, dass jeder Pflegekraft pro Nacht eine 30-minütige Pause zusteht, die sie ohne Störungen verbringen kann.
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