Pflege: Immer mehr betreutes Wohnen und Pflege-WGs

Immer mehr Pflegebedürftige wählen alternative Pflegeformen wie Pflege-WGs oder betreutes Wohnen – Foto: ©Pixel-Shot - stock.adobe.com
Pflegebedürftige in Deutschland wählen immer öfter Alternativen zum Heim wie betreutes Wohnen oder Pflege-WGs. Diese Wohnformen waren im Vergleich zum Pflegeheim allein im Jahr 2018 um knapp 400 Millionen Euro teurer. Das geht aus dem in Berlin vorgestellten Barmer-Pflegereport 2019 hervor.
Aktuell leben in diesen Einrichtungen bereits 181.000 Pflegebedürftige, 150.000 davon in betreutem Wohnen. Diese Wohnformen unterliegen aber keinem Qualitätssicherungsverfahren wie die Heime, moniert der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Prof. Christoph Straub. Daher müssten Qualitätsmaßstäbe für neue Wohn- und Pflegeformen entwickelt werden.
Mehr Lebensqualität gesucht
Aktuell existierten bundesweit bis zu 8.000 betreute Wohnanlagen und 4.000 Pflege-Wohngemeinschaften. Etwa jede dritte dieser Anlagen sei in den letzten zehn Jahren entstanden. Allein im Jahr 2018 seien weitere 340 Anlagen des betreuten Wohnens mit 10.000 Pflegeplätzen in Bau oder zumindest in Planung gewesen.
"Wer sich für betreutes Wohnen oder eine Wohngemeinschaft entscheidet, sucht vor allem mehr Lebensqualität im Vergleich zu einem Heim. Doch dabei darf die Qualität der Pflege nicht auf der Strecke bleiben", so Straub. Ein Indiz dafür seien zum Beispiel weniger Arztkontakte.
Mehr Fälle von Wundliegen
Während 86,6 Prozent der Pflegeheimbewohner einmal im Monat ihren Hausarzt sähen, wäre dies in betreutem Wohnen und in Wohngemeinschaften nur bei rund 80 Prozent der Bewohner der Fall. Neue Fälle von Wundliegen, dem sogenannten Dekubitus, seien in betreutem Wohnen zu 66 Prozent wahrscheinlicher als im Pflegeheim.
Zugleich müssten 3,6 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner des betreuten Wohnens wegen Erkrankungen ins Krankenhaus, die sich eigentlich ambulant sehr gut behandeln ließen. In Pflegeheimen träten nur 2,4 Prozent solcher Fälle je Monat auf.
Pflege: Immer mehr betreutes Wohnen und Pflege-WGs
Als Ursache dafür sieht die Barmer vor allem das Fehlen gleichartiger Qualitätsanforderungen. "Wir fordern eine Harmonisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen zwischen den Bundesländern und einen Pflege-TÜV für die neuen Wohn- und Pflegeformen", so Straub.
Außerdem sollten die Länder generell für die Pflege die Aufsicht übernehmen und für mehr Transparenz auf dem Markt sorgen. Das es immer mehr Angebote für betreutes Wohnen und Pflege-WGs gibt, benötigten die Pflegebedürftigen und ihre Familien Übersichten über Angebote, deren Qualität und Anbieter.
Pflege wird ambulanter
Betreutes Wohnen und Wohngemeinschaften werden in steigendem Maße direkt von Pflegeeinrichtungen angeboten, hat Pflege-Report-Autor Prof. Heinz Rothgang von der Universität Bremen beobachtet. Insgesamt trage die Entwicklung neuer Wohn- und Pflegeformen dazu bei, dass die Pflege ambulanter werde.
So hätten sich die Ausgaben für die ambulante Pflege in den Jahren 2000 bis 2018 von acht Milliarden auf 22,6 Milliarden Euro fast verdreifacht. In der stationären Pflege habe es hingegen nicht einmal eine Verdoppelung der Leistungsausgaben gegeben, von 7,5 auf 14,3 Milliarden Euro.
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