Pandemiebekämpfung: Online-Modell zeigt Auswirkungen der "Corona" Maßnahmen auf

Pandemiebekämpfung am Computer simulieren: Virtuelle Stadt zeigt Auswirkungen einzelner Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen auf
Die Corona-Pandemie stellt die Politik vor schwere Entscheidungen. Konkurrieren doch Gesundheitsschutz mit anderen elementaren Grundrechten und etlichen soziökonomischen Folgen. Dass es kein Patentrezept für die Pandemiebekämpfung gibt, zeigen die höchst heterogenen Vorschriften, die sich von Land zu Land und selbst von Landkreis zu Landkreis unterscheiden. So sind zum Beispiel in einigen Bundesländern Baumärkte geöffnet, in anderen müssen sie geschlossen bleiben. Die Stadt Jena hat zum Beispiel eine Maskenpflicht beim Einkaufen eingeführt, in anderen Städten wird darüber noch nicht mal diskutiert.
Dabei ist fraglich, ob die Politik die Auswirkungen der erlassenen Corona-Vorschriften wirklich abschätzen kann.
Reale Pandemie-Mechanismen werden nachgestellt
„Um schon vorab zu bewerten, welche Maßnahmen wie lange eingesetzt werden sollten, könnten sogenannte Politik-Labore hilfreich sein“, sagt Prof. Andreas Pyka vom Lehrstuhl für Innovationsökonomik der Universität Hohenheim. Pyka und seine Kollegen haben ein solches Modell entwickelt und ins Netz gestellt. Jeder Internutzer kann in der virtuellen Stadt verschiedene Szenarien durchspielen und die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen beobachten.
Was passiert zum Beispiel, wenn man die infizierten Menschen in häusliche Quarantäne schickt, die Schulen schließt, mit Gesundheitsaufklärung die allgemeinen Hygienebedingungen verbessert oder die Bettenkapazität in den Krankenhäusern aufstockt? Oder nichts dergleichen tut oder nur an einzelnen Stellschrauben dreht?
Alle Maßnahmen haben unmittelbare Auswirkungen auf die die Anzahl der Infektionen, schweren Fälle und der Verstorbenen sowie die Länge der Pandemie.
„Politiklabore sind Simulationsmodelle mit graphischen Darstellungen, bei denen der Nutzer selbst Einfluss nehmen kann und beispielsweise unterschiedliche Instrumente zur Epidemie-Bekämpfung ausprobieren kann. Die Konsequenzen sieht er unmittelbar auf dem Bildschirm“, erläutert Andreas Pyka.
Planspiel in einer virtuellen Stadt
Für die Computersimulation haben die Wissenschaftler eine typische europäische Stadt mit Wohnvierteln und ihren verschiedenen Einrichtungen, wie etwa Arbeitsstätten, Supermärkten, Schulen, Sportplätzen, Krankenhäusern usw., nachgebildet. Jeder einzelne Bewohner der Stadt führt ein ganz normales Leben: Die Menschen leben in einer Familie oder sind alleinstehend, haben viele soziale Kontakte oder leben eher zurückgezogen, die Erwachsenen gehen zur Arbeit und anschließend zum Einkaufen, die Kinder sind morgens in der Schule, nachmittags und abends trifft man sich beim Sport. Überall finden zahlreiche Begegnungen und soziale Interaktionen statt. „Für ein Virus, wie das hochansteckende Corona-Virus sind das ideale Ausbreitungsbedingungen“, meint Prof. Dr. Pyka.
Anzahl der Infizierten und Verstorbenen ausrechnen
Der Nutzer kann beobachten, wie sich nach und nach ein großer Prozentsatz der Menschen infiziert und teilweise auch schwer erkrankt oder gar verstirbt.
Möglich macht dies die sogenannte „Agenten-basierte Modellierung“. Computerprogramme mit diesem Programmieransatz bestehen aus einer Vielzahl eigenständiger Bots, die autonom interagieren. So können etwa die verschiedenen sozialen Kontakte einzelner Akteure simuliert werden. Darum sei das Modell gut geeignet Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten zu analysieren oder um Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung zu bewerten, meint Pyka: „Immer geht es um eine anschauliche Darstellung der zugrundeliegenden Komplexität“.
Nicht simuliert werden können indes andere Folgen der Pandemiebekämpfung, etwa Arbeitslosigkeit, Insolvenzen oder psychische Folgen der Kontaktbeschränkungen.
Zu finden ist das Modell unter: inno.uni-hohenheim.de/corona