Östliche Bundesländer Spitzenreiter bei Tod durch Herzinfarkt
Der Fund ist nicht neu: Schon seit Jahren nehmen die ostdeutsche Bundesländer Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen eine Spitzenposition in der Sterblichkeit des Herzinfarkts ein. Dort leiden auch die meisten Menschen an der koronaren Herzkrankheit (KHK), die als Vorläufererkrankung des Herzinfarkts gilt. All das steht im Deutschen Herzbericht 2015. Der Bericht wurde am Donnerstag in Berlin präsentiert. Danach ist die Herzinfarktsterblichkeit in Sachsen-Anhalt mit 99 Gestorbenen pro 100.000 Einwohner bundesweit am höchsten. Es folgen Brandenburg mit 98 und Sachsen mit 93 Herzinfarkttoten. Die niedrigsten Werte weist Schleswig-Holstein auf. Dort sterben nur 43 pro 100.000 Einwohner an einem Herzinfarkt.
Zu wenig Kardiologen, zu wenig Notfallambulanzen
Mögliche Erklärungen für die enormen regionalen Unterschiede liefert der Herzbericht ebenfalls. In den Bundesländern mit einer überdurchschnittlich hohen Infarktsterblichkeit gibt es die wenigsten Kardiologen. Das deutet den Studienautoren zufolge auf eine klare Unterversorgung hin. Hinzu kommt, dass es dort auch die wenigsten Herznotfallambulanzen gibt. Thüringen und Sachsen-Anhalt haben mit zwei solcher Chest Pain Units (CPU) die geringste Versorgungs-Dichte. „Speziell in Regionen mit hoher Infarktsterblichkeit müsste die Zahl der CPUs höher sein, um Herznotfallpatienten kürzere Versorgungswege zu bieten“, betonte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung Prof. Thomas Meinertz am Donnerstag in Berlin.
Ungünstige soziale Konstellationen
Daneben sind Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht und metabolisches Syndrom in diesen Bundeländern weiter verbreitet als anderswo in der Republik. Ungünstige soziale Faktoren könnten die hohe Herzinfarktsterblichkeit begründen, meinen die Autoren des Deutschen Herzberichts. .„Unsere Analyse zeigt ganz deutlich, dass auch sozial ungünstige Aspekte wie hohe Arbeitslosigkeit und ein hoher Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss in diesen Regionen stärker vertreten sind“, sagte Prof. Dr. med. Andreas Stang vom Zentrum für Klinische Epidemiologie (ZKE) am Universitätsklinikum Essen. „Diese sozialen Faktoren spielen für die Erklärung der überdurchschnittlichen Infarktsterblichkeit eine wichtige Rolle.“
Mediziner fordern Präventionsprogramm
Die Experten des Herzberichts sehen deshalb dringenden Handlungsbedarf. Die Gesundheitspolitik sei gefordert, eine gezielte Präventionsstrategie zu entwickeln - angefangen bei der Aufklärung der Bevölkerung über Bewegungsprogramme in Betrieben und Schulen bis hin zu einer Verschärfung des Nichtraucherschutzes. „Soziale Faktoren müssen dabei unbedingt in den Fokus der Prävention genommen werden“, forderte Stang. „Denn drohende oder bestehende Arbeitslosigkeit begünstigen einen ungesunden Lebensstil etwa durch Stress, Depression, sportliche Inaktivität und ungesunde Ernährung und infolgedessen das Risiko für KHK und Herzinfarkt.“
Darüber hinaus müssten die Menschen zu regelmäßigen medizinischen Check-Ups aufgefordert werden, etwa um unentdeckte Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung und Diabetes aufzudecken. Diese Erkrankungen begünstigen den vorzeitigen Tod durch einen Herzinfarkt. Den Herzspezialisten zufolge geht die Zahl der unentdeckten Hochdruckpatienten und Diabetiker in die Millionen.