Neue Ursache für Parkinson gefunden: Disposition offenbar in die Wiege gelegt

Ursache für Parkinson ist offenbar eine gestörte Zellreinigung – Foto: ©Michail Petrov - stock.adobe.com
Erbliche Parkinson-Formen sind eher selten. In nur etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle liegt ein Defekt bzw. eine Mutation in einem bestimmten Gen vor. Bislang sind über zehn Parkinson-Gene bekannt. Diese Gen-Mutationen sind erblich und können an Nachkommen weitergegeben werden.
Für die Mehrheit der Parkinsonpatienten trifft das aber nicht zu. Warum sie dennoch an Morbus Parkinson erkranken, das haben Forscher jetzt untersucht. Demnach haben diesen Patienten von Geburt an eine Disposition, allerdings müssen hier viele Faktoren zusammenspielen, damit es zum sogenannten „sporadischen“ Krankheitsausbruch kommt.
Gestörte Zellreinigung von Geburt an
Ausgangspunkt ist offenbar eine Störung der lysosomalen Zellreinigung, die von Geburt an besteht. Störungen in diesem zelleigenen Reinigungssystem können zur Anhäufung von α-Synuklein und damit zum Absterben der dopaminergen Nervenzellen (Neuronen) führen. Der daraus resultierende Dopaminmangel führt zu den typischen Symptomen wie Zittern und Bewegungsverlangsamung.
Doch anders als bei den erblich bedingten Parkinson-Formen, liegt bei den sogenannten sporadischen Formen, also bei über 90 Prozent der Parkinson-Patienten, keine Mutation in einem einzelnen Gen vor. Vielmehr scheinen hier etliche Faktoren zusammenzuspielen. Zum Beispiel können Umweltfaktoren wie Pestizide die Synuklein-Produktion steigern. Aber auch eine Vielzahl ‚kleiner‘ genetischer Varianten, die in der Bevölkerung generell häufig vorkommen, können das Parkinson-Risiko leicht erhöhen.
Erst viele kleine Genveränderungen führen zum Ausbruch von Parkinson
Das Vorhandensein von einer oder vielleicht zwei solcher kleinsten genetischen Veränderungen verursacht noch keine Parkinson-Krankheit, sondern erhöhe lediglich das Risiko dafür, erklärt Professor Günter Höglinge von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. „Erst beim zufälligen Zusammentreffen mehrerer solcher kleinen Genveränderungen wird eine Schwelle überschritten und es kommt zu einer sporadischen Erkrankung.“ Nach heutigem Kenntnisstand liegt auch in diesen sporadischen Fällen eine Synuklein-Pathologie vor.
Das bestätigt die jetzt in Nature Med. publizierten Studie von Laperle et al. In der Studie wurden jüngere Parkinson-Patient zwischen 30 und 39 Jahren untersucht. Bei den Probanden gab es keine Hinweise auf eine erbliche Form, es waren auch keine Parkinson-Fälle in der Familie bekannt. Bei der Ganzgenom-Sequenzierung zeigte sich indes, dass viele einzelne kleine Parkinson-assoziierten Risiko-Varianten vorliegen. Weiter wurden in bestimmten untersuchten Neuronen eine erhöhte α-Synuklein-Konzentration sowie ein reduzierter lysosomaler Stoffwechsel nachgewiesen.
Hoffnung auf neue Medikamente
„Diese Parkinson-typischen Zelleigenschaften zeigen, dass bei späteren sporadischen Parkinson-Patienten bereits bei der Geburt eine zelluläre biochemische Parkinson-Signatur angelegt ist“, sagt Parkinson-Experte Höglinger. „Erstmals gibt es somit auch ein Zell-Modell des sporadischen Parkinsons, an dem Medikamente getestet werden können.“
Ziel solcher Medikamente könnte etwa die Stärkung des lysosomalen Clearing-Systems sein, damit Anhäufungen des schädlichen Synukleins besser abgebaut werden können. Solche Substanzen sind in Entwicklung und werden bereits bei Patienten mit erblichen Parkinson getestet.
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