Mit 35 Millionen Hypertonikern in Deutschland gehört die arterielle Hypertonie - der behandlungsbedürftige Bluthochdruck - zu den grossen Volkskrankheiten. Nach Angaben der Deutschen Hochdruckliga werden mehr als 70 Prozent der Hypertoniker nicht effektiv behandelt, das heisst sie erreichen keine guten Blutdruckwerte.
Bei mindestens einem Prozent der Hypertoniker liegt ein schwer einstellbarer Bluthochdruck vor, die so genannte therapierefraktäre arterielle Hypertonie. Diese Patienten erreichen trotz Einnahme von mindestens drei verschiedenen Blutdrucksenkern keine guten Blutdruckwerte, die laut Hochdruckliga unter 140 / 90 mm Hg liegen sollten. Viele Patienten müssen bis zu fünf verschiedene Medikamente nehmen und trotzdem ist der Blutdruck nicht gut eingestellt. Bei so vielen Medikamenten kommt es häufig zu unerwünschten Nebenwirkungen, die die Behandlung sogar gefährden können.
Blutdruck senken: Alternativen
Ein nicht adäquat eingestellter Blutdruck bedeutet für die Patienten aber auf Dauer ein erhebliches gesundheitliches Risiko. "Patienten mit dauerhaft unkontrolliertem Blutdruck sind einem erhöhten Risiko von schweren Herz-Kreislauf-Krankheiten ausgesetzt", betont Prof. Dr. Rüdiger Blindt Herzspezialist und Leiter des Herzkatheterlabors von Kardio Bremen.
Patienten mit einer therapierefraktären arteriellen Hypertonie steht heute eine vielversprechende, alternative Möglichkeit zur Verfügung, um den Blutdruck effizient zu senken: die Nierennerven-Deaktivierung, auch renale Sympathikusdenervierung genannt. Das Verfahren ist neu: Seit 2009 wurden weltweit erst mehrere Hundert dieser Eingriffe durchgeführt.
Feinste Nervengeflechte rund um die Nierenschlagader werden verödet
Bei dem minimal-invasiven Eingriff wird über die Leistenschlagader im Oberschenkel ein Katheter zunächst in die eine, dann in die andere Nierenarterie geschoben. Dort werden Wärmeimpulse gesetzt, mit denen die sympathischen Nervenfasern entlang der Nierenarterien zerstört werden. Dabei werden weder die Blutgefässe noch die Gefässinnenhaut verletzt. Danach wird der Katheter wieder entfernt, im Körper bleibt kein Implantat zurück.
Nach Angaben von Prof. Dr. Martin Hausberg, Vorstandsmitglied der Deutschen Hochdruckliga, erreichen mehr als 80 Prozent der behandelten Patienten durch den Eingriff eine dauerhafte Blutdrucksenkung. "Wichtig ist, dass die Nierennerven-Deaktivierung nicht die medikamentöse Bluthochdrucktherapie ersetzt. Fast alle behandelten Patienten müssen auch nach dem Eingriff täglich mehrere blutdrucksenkenden Medikamente einnehmen", so Prof. Hausberg. Die Nierennerven-Deaktivierung erlaube aber zusammen mit der medikamentösen Therapie eine ausreichende Blutdruckeinstellung. Die derzeit bekannte Komplikationsrate sei äusserst gering.
Nierennerven-Deaktivierung als dauerhafte Lösung
Der Hochdruck-Spezialist betont aber, dass sich das Verfahren der Nierennerven-Deaktivierung derzeit noch im experimentellen Stadium befindet. Die Zahl der bislang im Rahmen von Studien behandelten Patienten ist vergleichsweise gering und Langzeitdaten gibt es noch nicht.
Vorerst ist die renale Denervation nur für Patienten mit massiv erhöhten Blutdruckwerten zugelassen, die bei denen ein schwer einstellbarer Bluthochdruck nachgewiesen wurde und eine sekundäre Hypertonie ausgeschlossen wurde. Voraussetzung ist auch, dass ihre Nierengefässe normal ausgebildet sind und die Nierenfunktion nicht wesentlich eingeschränkt ist.