Neue Methode schafft Klarheit bei Reizdarm
Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einem Reizdarm (RDS). Typische Symptome sind Bauchschmerzen, Blähungen, Verstopfung oder Durchfälle, die sich häufig durch Stress verschlechtern. Reizdarmpatienten vermuten oft bestimmte Nahrungsmittel als Trigger, nachweisen lässt sich dies jedoch meistens nicht. Viele Betroffenen leiden deshalb über Jahre hinweg unter den Beschwerden und erhalten oft falsche Diagnosen. Kieler Forscher haben nun eine Methode entwickelt, die zeigen kann, ob Nahrungsmittel die Reizdarmsymptome auslösen, und wenn ja, welche.
Bei der konfokalen Endomikroskopie tastet zunächst ein Laser mit einem Mikroskop die Gewebeoberfläche ab, woraus sich ein Graustufenbild erstellen lässt. Dieses zeigt die histologische Beschaffenheit des Darms. Sogar Zellen und Bakterien werden dabei sichtbar, ebenso wie die Beschaffenheit des Epithels. Dann wird eine Art Prick-Test für den Darm erstellt. Die Methode wurde nun bei 36 Reizdarmpatienten geprüft; als Kontrolle dienten zehn Patienten mit Barrett-Ösophagus.
Reizdarm: Reaktion auf Nahrungsmittel innerhalb von Minuten
Die Wissenschaftler um Dr. Annette Fritscher-Ravens von der Abteilung „Experimentelle Endoskopie“ der Universität in Kiel leiteten über das Endoskop eine Lösung mit den vier häufigsten unverträglichen Nahrungsmitteln (Kuhmilch, Soja, Hefe und Weizen) und eine Placebo-Lösung direkt auf die Darmschleimhaut und dokumentierten die Reaktionen. So bestimmten sie unter anderem die Dichte der intraepithelialen Lymphozyten und erfassten Lecks im Epithel, indem sie den Patienten zuvor den Farbstoff Fluoreszein verabreichten. Strömte dieser in das Darminnere, leuchtete er im Laserlicht auf.
22 der 36 Reizdarmpatienten zeigten innerhalb von wenigen Minuten eine Akutreaktion auf mindestens eine der Testlösungen. Dabei stieg in der Regel zunächst die Zahl der Lymphozyten im Epithel stark an, dann brach das Epithel an bestimmten Stellen auf, worauf die fluoreszeinhaltige Flüssigkeit eruptionsartig aus dem Gewebe in das Darminnere schoss. Dreizehnmal reagierten Patienten auf Weizen, neunmal auf Milch, sechsmal auf Hefe und viermal auf Soja. Damit scheint sich der Verdacht zu bestätigen, dass viele Reizdarmpatienten problematisch auf Gluten reagieren.
Diät lindert Reizdarmsymptome
Die zehn Kontrollpatienten und 14 der Reizdarmpatienten zeigten keine auffälligen Reaktionen. Die Forscher empfahlen anschließend den Betroffenen mit positivem Befund eine Diät, bei der die jeweils triggernden Nahrungsmittel weggelassen werden sollten. Diejenigen mit negativem Befund erhielten keine speziellen Ernährungsempfehlungen. Die Erfolge der Diät bestätigten die Forschungsresultate: Schon nach vier Wochen waren die Beschwerden bei 19 von 22 Patienten um mehr als 50 Prozent zurückgegangen, bei sechs Patienten waren sie sogar ganz verschwunden. Nach einem Jahr war dieser Erfolg erhalten geblieben, so dass die Forscher einen reinen Placeboeffekt der Diät ausschließen konnten.
Gerade für Reizdarmpatienten, die bisher keine Ursachen für ihre Beschwerden finden konnten, ist nach Ansicht der Forscher die konfokale Endomikroskopie ein vielversprechender Ansatz. Die Wissenschaftler vermuten zudem, dass außer den vier getesteten Nahrungsmitteln noch andere Substanzen Auslöser des Reizdarms sein können und somit bei noch mehr Reizdarmpatienten eine Nahrungsmittel-Überempfindlichkeit nachgewiesen werden kann.
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