Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Neue Leitlinie zur Behandlung von Mandelentzündungen

Montag, 28. September 2015 – Autor:
Über 100.000 Mal jährlich wird in Deutschland die Diagnose Mandelentzündung gestellt. Welche Behandlung dann empfohlen wird, ist von Arzt zu Arzt sehr unterschiedlich. Eine neue Leitlinie soll daher für mehr Klarheit sorgen.
Streptokokken können Mandelentzündung auslösen

Mandelentzündungen werden häufig durch Streptokokken ausgelöst – Foto: elvira gerecht - Fotolia

Nicht alle Patienten, die an einer Mandelentzündung erkrankt sind, müssen Antibiotika bekommen, und auch eine Tonsillektomie ist nur unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll. Besonders in Bezug auf die Entfernung der Mandeln sind Studien bisher zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Um mehr Klarheit für die Behandlung der Mandelentzündung zu schaffen, hat nun eine Expertengruppe aus Hals-, Nasen-, Ohrenärzten und Kinderärzten eine umfassende Empfehlung für die Diagnostik und Therapie erarbeitet.

Die neue Leitlinie

In der aktuell vorliegenden Fassung der Leitlinie finden sich Empfehlungen, die allen praktizierenden Ärztinnen und Ärzten eine zielgerichtete Behandlung von Mandelentzündungen ermöglichen soll. So werden sowohl Abstrichuntersuchungen von den entzündeten Mandeln wie auch Antibiotikagaben nur unter klar definierten Voraussetzungen empfohlen, die nach einem speziellen Punktesystem bewertet werden. Außerdem wird von unnötigen Blut- und Urinuntersuchungen abgeraten. Hierzu zählt insbesondere die Bestimmung des Antistreptolysin-Titers (ASL-Titer), der sich in diesem Zusammenhang als bedeutungslos erwiesen hat. Unabhängig von seiner Höhe ist demnach der ASL-Titer in keinem Fall als Indikation für eine Mandelentfernung zu verwerten.

Mandelentzündung: Nutzen und Risiko einer Mandelentfernung abwägen

Zur Behandlung einer akuten Mandelentzündung durch eine nachgewiesene Streptokokken-Infektion ist nach Auffassung der Experten eine gezielte Antibiotikumtherapie – auch bei erneuten Infektionen – ausreichend. So wird empfohlen, bei weniger als drei Mandelentzündungen in den vorausgegangenen zwölf Monaten von einer Mandelentfernung abzusehen. Bei drei bis fünf Episoden ist die Mandelentfernung der Leitlinie zufolge eine mögliche Option, wenn sich innerhalb der nächsten sechs Monate weitere Episoden ereignen sollten und die Zahl sechs erreicht wird. Erst ab sechs Mandelentzündungen im vorangegangenen Jahr scheint die vollständige Mandelentfernung (Tonsillektomie) vorteilhaft zu sein.

Als Nachteil des Eingriffs sind die postoperativen Schmerzen und das nicht unerhebliche Nachblutungsrisiko zu nennen, weswegen immer eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich ist. Dieses Statement wird durch die aktuelle Veröffentlichung der Cochrane Collaboration aus England gestützt, die sämtliche Studien zum Thema bewertete und auf die schlechte Datenlage zur Begründung von Mandelentfernung hinwies. Möglich ist auch eine (ungefährlichere) Teilentfernung der Mandeln (Tonsillotomie). Entscheidend ist hierbei die Größe der Mandeln, die nach der sogenannten Brodsky-Skala beurteilt wird.

Eine OP kann helfen

Positiver hatten finnische Forscher im Jahr 2013 die Resultate einer Mandelentfernung bewertet. Sie hatten herausgefunden, dass operierte Patienten, die vorher unter wiederkehrenden Mandelentzündungen litten, nach der Operation insgesamt weniger Beschwerden aufwiesen als nicht operierte. So hatten in der Gruppe der operierten Patienten noch 39 Prozent innerhalb der folgenden fünf bis sechs Monate leichte Halsschmerzen, in der Gruppe der Patienten ohne Mandelentfernung waren es 80 Prozent. Einen Arzt suchten deshalb vier Prozent derjenigen auf, denen die Mandeln entfernt worden waren, aber 43 Prozent der Studienteilnehmer, die nicht operiert worden waren.

Insgesamt reduzierte sich durch die Mandelentfernung die Anzahl der Tage mit Halsschmerzen, Fieber, Rhinitis und Husten signifikant. Nach der Operation verspürten die Patienten zwar noch über zwei Wochen Halsschmerzen. Insgesamt waren sie aber mit dem Ergebnis zufrieden, und keiner von ihnen bereute die Operation. Nach Ansicht der finnischen Forscher kann daher für Erwachsene, die öfter als dreimal im Jahr wegen einer Mandelentzündung erkrankt sind, eine Entfernung der Mandeln sinnvoll sein.

Foto: © elvira gerecht - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin

Weitere Nachrichten zum Thema HNO

14.12.2015

Welchen Nutzen haben Erwachsene langfristig von einer Mandeloperation (Tonsillektomie)? Das wollten Forscher von der HNO-Klinik am Marienhospital Gelsenkirchen wissen. Ihre Studie wurde jetzt im Deutschen Ärzteblatt International veröffentlicht.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin