Neue CGRP Antikörper können etliche Migräne-Attacken verhindern, aber nicht alle

Neue Antikörper zur Migräne-Prophylaxe: Jeder Tag ohne Migräne ist ein Gewinn
Migräne verhindern, bevor sie entsteht: Die neuen CGRP Antikörper versprechen genau das. Im Juni ist ihr erster Vertreter Erenumab in Europa zugelassen worden. Erenumab wird vermutlich Ende des Jahres in deutschen Apotheken verfügbar sein. Die beiden anderen Präparate, Galcanezumab und Fremanezumab, sind bereits in den USA zugelassen; für den europäischen Markt wird die Entscheidung in Kürze erwartet.
Alle drei CGRP-Antikörper zeigten in klinischen Studien, dass sie zu einer signifikanten Abnahme der Migränetage führen und besser wirken als Placebo. Das Mittel wird unter die Haut gespritzt und die Wirkung trat innerhalb der ersten vier Wochen nach der Injektion ein.
Knapp jeder zwei spricht an
Unter der Behandlung mit Erenumab kam es bei Patienten chronischer Migräne (mindestens 18 Migränetage pro Monat) im Schnitt zu einem Rückgang von sechs bis sieben Tage im Monat. 40 Prozent der Patienten berichteten von einer mindestens 50-prozentigen Besserung ihrer Migräne.
Bei Patienten, die an einer episodischen Migräne leiden (rund 8 Migränetage pro Monat), ging die Zahl der Migränetage um rund drei Tage zurück. Auch hier zeigte sich bei rund 40 Prozent der Studienteilnehmer eine Besserung der Migräne um mindestens 50 Prozent.
Bis zu fünf Migräne-Tage weniger pro Monat
Galcanezumab wurde in den Studien ebenfalls bei der episodischen Migräne eingesetzt. Die Migränetage nahmen um rund vier bis knapp fünf Tage pro Monat ab und es wurde eine Verbesserung der Migräne um mindestens 50 Prozent bei rund 60 Prozent der Patienten festgestellt. Bei Patienten mit chronischer Migräne kam es bei durchschnittlich 19 Migränetagen pro Monat zu einer Abnahme um vier bis fünf Tage. Eine mindestens 50 prozentige Besserung trat bei rund 30 Prozent der Patienten ein.
Wie wirken die neuen CGRP-Antikörper?
Wissenschaftler gehen davon aus, dass bestimmte Botenstoffe schmerzwahrnehmende Nervenfasern im Kopfbereich reizen und damit die Migräne auslösen. Einer dieser Botenstoffe ist CGRP (Calcitonin Gene-Related-Peptide). CGRP wird bei Migräneattacken vermehrt ausgeschüttet. Die neuen Antikörper blockieren die Wirkung des Botenstoffs. „Entstanden ist eine ganz neue Medikamentenklasse, die vor allem für die Vorbeugung der Migräne geeignet ist“, erklärt PD Dr. Stefanie Förderreuther, Präsidentin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG) und Oberärztin an der Neurologischen Klinik, Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Studienergebnisse zeigten, dass es sich um gut wirksame und verträglich Substanzen handle. „Heilen können wir die Migräne damit nicht. Aber die Anzahl der Migränetage zu senken, ist bereits ein großer Segen für die Betroffenen, so Migräneexpertin Förderreuther.
Wer sollte mit der neuen Migräne-Prophylaxe behandelt werden?
CGRP ist eines der Schlüsselmoleküle bei der Entstehung von Migräne, aber nicht das einzige. Darum bleiben die Ansprechraten begrenzt. Im Vergleich zu anderen Migräne-Prophylaktika liegt der monoklonale Antikörper gegen CGRP bzw. den CGRP-Rezeptor in etwa gleich auf. Vorteil ist seine gute Verträglichkeit.
Aus Sicht von PD Dr.Tim Jürgens, Kongresspräsident des Deutschen Schmerzkongresses 2018, sollten diejenigen Patienten mit den neuen Antikörpern behandelt werden, die schwer und häufig von Migräneattacken betroffen sind und bei denen bislang verfügbare Mittel nicht gut gewirkt haben oder die für sie nicht gut verträglich waren.
Migräne ist eine idiopathische Erkrankung
Migräne ist eine eigenständige - eine sogenannte idiopathische – Erkrankung. In Deutschland leiden etwa sechs bis acht Prozent der Männer und rund 20 Prozent der Frauen daran. Kopfschmerzen sind das Leitsymptom, oft kommen Übelkeit und eine Überempfindlichkeit gegenüber Licht und Geräuschen hinzu. Von einer chronischen Migräne sprechen Ärzte, wenn ein Patient an 15 und mehr Tagen über migränetypischen Kopfschmerz berichtet. Bei episodischer Migräne leiden Betroffene in unterschiedlich großen zeitlichen Abständen an bis zu 14 Tagen monatlich unter Migräne. Die Ursachen von Migräne sind bis heute noch nicht ganz verstanden.
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