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Nephrologen gegen Schließung von Transplantationszentren

Montag, 21. Januar 2013 – Autor:
Angesichts der aktuellen Organspendeskandale haben einige Experten die Zusammenlegung von Transplantationszentren gefordert. Ob dies tatsächlich mehr Sicherheit bringt, ist fraglich. Das Nachsehen hätten die Patienten.
Nephrologen gegen Schließung von Transplantationszentren

Durch Dialyse am Leben: 12.000 Menschen warten auf eine neue Niere.

Die deutsche Stiftung Patientenschutz, der Präsident der Bundesärztekammer Dr. Frank-Ulrich Montgomery und andere Experten haben im Zuge des Organspendeskandals gefordert, einige Transplantationszentren zusammenzulegen, was so viel bedeuet wie: kleinere Zentren zu schließen. Aktuell gibt es 47 Transplantationszentren in Deutschland. Diese Zahl könnte halbiert werden, so die Forderung. „Wir wollen, dass es auf Dauer weniger Transplantationszentren gibt, also lieber wenige Große, statt vieler Kleiner“, sagte Montgomery wörtlich. Dies mache eine ständige Überprüfung einfacher und sorge dafür, dass „falsche ökonomische Anreize“ keine Rolle spielten.

Nach der Bankenkrise wurden doch auch keine Sparkassen dicht gemacht. Warum sollte man auf Kosten der Patienten Transplantationszentren schließen?

Doch Fachgesellschaften sprechen sich vehement gegen die Zusammenlegung von Transplantationszentren aus. Eine höhere Sicherheit vor Manipulationen könne damit nicht erreicht werden, stattdessen würde die flächendeckende Versorgung von nierentransplantierten Patienten gefährdet, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) in einer aktuellen Mitteilung. „Die Forderung nach Schließung von Transplantationszentren im Zuge des Skandals ist in etwa so, als hätte man nach der Bankenkrise zur Lösung des Problems die Schließung aller Sparkassen gefordert“, sagt DGfN-Präsident Prof. Dr. Reinhard Brunkhorst. „Das geht deutlich am Ziel vorbei und zu Lasten unserer Patienten."

Im Bereich der Nierentransplantation hat es keine Manipulationen gegeben. Aber auch Nierenkranke und Nierentransplantierte wären die Leidtragenden von der im Zuge des Organspendeskandals im Bereich der Lebertransplantation angedachten Zusammenlegung von Transplantationszentren. Lange Wege in die Transplantationszentren würden für zehntausende Nierenpatienten die regelmäßige Fahrt in die Spezialambulanzen drastisch erschweren – eine seltenere Wiedervorstellung, eine schlechtere Betreuung und ein schlechteres Organüberleben wären die Folge, so das Szenario der DGfN. Die Niere ist das mit Abstand am häufigsten transplantierte Organ: 2011 wurden in Deutschland 2.055 Nieren transplantiert – rund 12.000 der 70.000 Dialysepatienten warten auf ein Spenderorgan.

Kontrollmaßnahmen verschärft - Manipulationen bei der Organvergabe kaum noch möglich, heißt es

Durch die möglicherweise sogar kriminellen Handlungen Einzelner im Bereich der Lebertransplantation hat die Bereitschaft, Organe zu spenden, dramatisch abgenommen. „Die wichtigste Aufgabe nach dem Skandal ist es, das Vertrauen der Bevölkerung wieder herzustellen und an die Organspendebereitschaft zu appellieren“, sagte Nephrologe Brunkhorst. „Bei der Nierentransplantation hat es keine Manipulationen gegeben und nach der bereits erfolgten Etablierung von Kontrollparametern wie dem quasi „6-Augen-Prinzip“ sind nun auch bei anderen Organtransplantationen wie der Leber- oder Herztransplantation Manipulationen kaum noch möglich. Das sollte der Öffentlichkeit klar kommuniziert werden.“

Anders als bei Leberkranken können nierenkranke Patienten  durch die Dialyse Jahre und Jahrzehnte überleben. Daher gebe es bei der Organvergabe kaum manipulierbare „Dringlichkeitsparameter“ wie beispielsweise bei der Lebertransplantation, sondern nur leicht überprüfbare Wartelisten-Parameter wie Wartezeit, Alter und Gewebeübereinstimmung, so der Experte. 

Foto: © Eisenhans - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin

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