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Nach Herzinfarkt: Antidepressiva genauso wichtig wie Herzmittel

Freitag, 27. April 2012 – Autor:
Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung, die zusätzlich an einer Depression leiden, haben eine besonders kurze Lebenserwartung. Für sie ist eine gute antidepressive Therapie genauso wichtig wie die Behandlung mit Herzmitteln.
Nach Herzinfarkt: Antidepressiva genauso wichtig wie Herzmittel

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Die Gründe für die verkürzte Lebenserwartung sind vielfältig. Zum einen leiden Herz und Gefässe direkt unter den Folgen einer Depression, so dass es dadurch eine zusätzliche Belastung gibt. Wie Professor Christian Otte von der Charité Berlin Ende März 2012 auf der Veranstaltung "Psychiatrie Update" in Köln berichtete, ist bei depressiven Herzpatienten die Gefahr eines neuen Herzinfarkts oder eines Schlaganfalls fast doppelt so hoch wie bei nichtdepressiven. Da Patienten nach einem Herzinfarkt aber häufig auch eine Depression entwickeln, kann es zu einem Teufelskreis kommen. Eine wirksame Therapie mit Antidepressiva ist also in zweifacher Hinsicht notwendig: zum einen, um die Depression zu bekämpfen, zum anderen, um die negativen Folgen für das Herz-Kreislaufsystem zu unterbinden.

Besonders gefährliche Depression

Es gibt aber noch weitere Gründe, warum eine Depression für Menschen mit einer koronaren Herzerkrankung besonders gefährlich ist. Depressive haben insgesamt einen ungesünderen Lebensstil als andere. Sie rauchen überdurchschnittlich häufig und bewegen sich wenig. Beides wirkt sich negativ auf die Gesundheit des Herzens aus. Zudem zeigen depressive Patienten oft eine schlechte Compliance bei der Therapie. Einer Studie zufolge vergessen depressive Herzpatienten doppelt so häufig wie nichtdepressive, ihre Medikamente einzunehmen. Sogar dreimal so häufig nehmen sie die Medikamente unregelmässig oder in falscher Dosierung ein, und oft setzen sie sie auch ganz ab.

Der Hauptfaktor des erhöhten Herzinfarkt- und Schlaganfallrisikos bei Depressiven scheint einer Studie mit 6.000 Herzpatienten zufolge aber der Bewegungsmangel zu sein. Es konnte gezeigt werden, dass die Sterberate bei den depressiven Patienten um 30 Prozent erhöht war, doch wenn sie zusätzlich noch körperlich inaktiv waren, erhöhte sich ihr Sterberisiko um das Dreifache. Bei Patienten, die nicht depressiv, aber körperlich träge waren, war die Mortalitätsrate immerhin um das Doppelte erhöht. Sowohl Depressionen als auch körperliche Inaktivität verschlechtern also die Prognose für Herzinfarkt-Patienten, in der Kombination sind beide Faktoren aber besonders fatal. Wenn hingegen depressive Patienten zu mehr Bewegung motiviert werden können, ist der positive Effekt ein doppelter: Durch körperliche Aktivität sinkt nicht nur das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, auch die Depressionssymptomatik geht unter Bewegung meist zurück.

Depreseeive Herzpatienten profitieren von einer Therapie

Dass eine gute antidepressive Therapie das Sterberisiko von depressiven Herzpatienten senken kann, wurde schon vor mehreren Jahren durch Studien belegt. So konnte in der SADHART-Studie gezeigt werden, dass die Herzinfarktrate um 30 Prozent und die Sterberate sogar um 61 Prozent niedriger war, wenn die Patienten den Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Sertralin anstelle von Placebo erhielten. In der ENRICHED-Studie konnte die Herzinfarktrate mit SSRI um 47 Prozent und die Sterberate um 41 Prozent gesenkt werden. 

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